Versorgungsnotstand in Tripolis
Arabische Liga erkennt libysche Übergangsregierung an und schickt Delegation nach Syrien
Kairo/Tripolis (Agenturen/ND). Der libysche Übergangsrat hat knapp eine Woche nach dem Fall von Tripolis erstmals eine humanitäre Krise in der Hauptstadt eingeräumt. Der Sprecher des Rates, Schamsiddin Ben Ali, forderte deshalb am Sonntag alle im Ausland arbeitenden libyschen Ärzte auf, sofort in ihre Heimat zurückzukehren. Darüber hinaus sei wegen der vielen Verletzten mehr Nachschub an Medikamenten und medizinischen Ausrüstungen notwendig, sagte der Sprecher dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. Die Bevölkerung in Tripolis klagte am Wochenende über Stromausfälle, Trinkwassermangel und explodierende Lebensmittelpreise.
Unterstützung erhielt die libysche Übergangsregierung durch die Arabische Liga. An der Syrien und Libyen gewidmeten Außenministerkonferenz am Samstag in Kairo nahm erstmals eine Delegation der libyschen Rebellen teil. Deren Leiter, der Vorsitzende des Exekutivrats des Nationalen Übergangsrats, Mahmud Dschibril, forderte finanzielle Unterstützung, weil Libyen sonst instabile Verhältnisse drohten.
In Bezug auf Syrien wurde beschlossen, eine Delegation von sechs arabischen Außenministern nach Damaskus zu entsenden. Die Delegation, der auch der Chef der Staatengruppe, Nabil al-Arabi, angehören soll, wird dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad demnach eine Botschaft übermitteln, wonach die militärische Gewalt gegen Zivilisten beendet werden müsse. Arabi bezeichnete die Anwendung von Gewalt gegen Aufstände in der arabischen Welt als »unnötig«. Stattdessen müsse »positiv« auf die Forderungen der Jugend reagiert werden.
Gegenwind für den libyschen Übergangsrat kommt von der Afrikanischen Union. Sie erkennt dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma zufolge den Rat weiterhin nicht als rechtmäßige Regierung an. Afrika fordere eine »Übergangsregierung unter Einschluss aller Parteien«, betonte Zuma nach seiner Rückkehr vom AU-Gipfeltreffen in Addis Abeba..
Die Aufständischen in Libyen schließen Verhandlungen mit dem untergetauchten Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi aus. »Es wird keine Verhandlungen mit Gaddafi geben. Er ist gestürzt und gehört der Vergangenheit an«, sagte Salam Darbi, einer der Rebellenkommandeure, am Sonntag dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Nach unbestätigten Berichten soll Gaddafi der Übergangsregierung angeboten haben, über eine Machtteilung zu verhandeln. Die Aufständischen kontrollieren inzwischen weite Teile der Hauptstadt Tripolis, andernorts wird noch erbittert gekämpft.
Unterdessen will die FDP an Außenminister Guido Westerwelle festhalten, nachdem er der NATO für ihren Einsatz in Libyen nun doch Respekt gezollt hat. Darauf verständigten sich am Sonntag die Spitzen der Partei. Für FDP-Chef Philipp Rösler komme eine Ablösung Westerwelles nicht in Frage, hieß es. Der Außenminister habe mit seinem Lob für den erfolgreichen NATO-Einsatz gegen Gaddafi spät, aber nicht zu spät eingelenkt.
Seiten 4 und 5
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.