Grüne sind uneins in der Steuerpolitik
Auftakt zur Klausur der Bundestagsfraktion
Die Steuerpolitik dürfte das am heftigsten debattierte Thema bei der gestern begonnenen Klausur der Grünen-Bundestagsfraktion in Berlin werden. Fraktionschef Jürgen Trittin räumte zum Auftakt ein, dass darüber in der Partei noch »munter gestritten« werde.
Zwar herrscht Einigkeit darüber, dass der Spitzensteuersatz, der derzeit bei 42 Prozent liegt, erhöht werden muss, um bei einer möglichen Regierungsbeteiligung im Bund ab 2013 die Wahlversprechen, zum Beispiel in Bildung und Klimaschutz zu investieren, finanzieren zu können. Eine Kommission der Grünen-Fraktionsspitzen aus Bund und Ländern war aber vor kurzem zu dem Schluss gekommen, dass bei den bisherigen Planungen der Partei ein Milliardendefizit bleibe.
Trittin fordert nun neben Subventionsabbau und Sparmaßnahmen einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent. Dagegen haben die wirtschaftspolitische Sprecherin Kerstin Andreae und Mittelstandsbeauftragte Christine Scheel ein Papier verfasst, in dem sie eine »Erhöhung auf maximale 45 Prozent bei flacherem Tarifverlauf«, bei dem der Spitzensatz ab einem Single-Einkommen von 60 000 Euro fällig wäre, präferieren.
Zur immer prekärer werdenden Haushaltslage hatten die Grünen indes einst selbst beitragen. Die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder hatte den Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent gesenkt. Andreae und Scheel scheinen sich von den verheerenden neoliberalen Prämissen der damaligen Steuerpolitik nicht vollständig verabschiedet zu haben. Um Existenzgründungen und kreativen Reichtum zu fördern, müsse man »Luft zum Atmen lassen«, schreiben sie. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen könnten zur ökologischen Modernisierung der Wirtschaft beitragen. Dies ist auch als Wink an die Partei zu verstehen, Wählergruppen, die sich gerade erst den Grünen zugewandt haben, nicht gleich wieder zu verprellen.
Die sich als Bürgerrechtspartei verstehenden Grünen werden bei ihrer Klausur auch über das Thema »innere Sicherheit« diskutieren. Anlass hierfür sei der bevorstehende zehnte Jahrestag der Anschläge vom 11. September, erklärte Trittin.
Zudem steht die Eurokrise auf dem Programm. Die Grünen fordern eine stärkere Parlamentsbeteiligung und die zügige Umsetzung der Beschlüsse des letzten Gipfels.
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