Neue Märkte für Söldnerfirmen
Auf allen politischen Ebenen wird darum gerungen, möglichst schnell sämtliche Hindernisse für Militäreinsätze am Horn von Afrika und darüber hinaus aus dem Weg zu räumen. Dabei geht es nicht um eine Bekämpfung der Ursachen der Piraterie, sondern im Wesentlichen um wirtschaftliche und geostrategische Interessen.
Bei den aktuellen Plänen der Bundesregierung geht es um nichts anderes als um das Outsourcing militärischer Aufgaben – einer Privatisierung des staatlichen Gewaltmonopols. Um Völkerrecht und Grundgesetz zu umgehen, soll auf den Einsatz privater Söldnerfirmen gesetzt werden, die hier in einer rechtlichen Grauzone operieren können. Auch deutsche private Sicherheitsfirmen sind bereits seit Jahren in verschiedensten Konfliktgebieten der Welt im Einsatz, unter anderem in Somalia, in Irak und in Afghanistan. Durch die Privatisierung kann die parlamentarische Kontrolle umgangen, Kriegsführung vertuscht und eine Berichterstattung über die Aktivitäten im Ausland erschwert oder verhindert werden. Es bereitet heutzutage offenbar kaum noch Schwierigkeiten, die Konventionen der Vereinten Nationen oder der Afrikanischen Union zu umgehen, die den Einsatz von Söldnern deutlich verbieten.
Man muss sich vor Augen führen, dass es sich bei den Piraten in erster Linie um Menschen handelt, die Hunger und Elend treibt. Die Menschen vor Ort haben Probleme, ihren Lebensunterhalt zu verdienen – eine der Folgen ist die Piraterie. In einem Land, in dem es aufgrund jahrelangen Krieges keine funktionierende Wirtschaft und Verwaltung gibt und das überwiegend von internationalen Hilfen abhängt, leben tausende Familien davon.
Die Bundesregierung und deutsche Unternehmen sind auch durch ihre exportorientierte Wirtschaftspolitik mitverantwortlich für die Verschärfung der Konflikte in Ostafrika, da sie eben nicht auf die Entwicklung der Region, sondern seine wirtschaftliche Abhängigkeit setzen. Im Zuge der Finanzmarktkrise treiben Spekulanten wie die Deutsche Bank mit Termingeschäften die Grundnahrungsmittelpreise in astronomische Höhen. Die Folge sind Nahrungsmittelengpässe und Hungersnöte, die den Menschen die Lebensgrundlage rauben. Anstatt die Ursachen von Piraterie zu bekämpfen und den eigenen außenpolitischen Kurs zu überdenken, will die Bundesregierung nun mit der Ausweitung ihrer militärischen Präsenz eine Drohkulisse aufbauen.
Der Golf von Aden hat eine hohe strategische Bedeutung für die Wirtschaft der westlichen Länder, da über die Seeroute zwischen Somalia und Jemen über die Hälfte aller fossilen Brennstoffe transportiert wird. Jährlich kommen hier über 16 000 Schiffe durch. Hierbei handelt es sich nicht nur um zivile Fracht, sondern mehr und mehr um militärische Lieferungen – auch aus deutscher Produktion. Waffen die auch für Äthiopien oder Eritrea bestimmt sind und die zur Fortführung des Kriegs in der Region dienen.
Die Entsendung von Militär zum Schutz internationaler Handelsrouten und die weitere Lieferung von Waffen auf diese oder jene Seite in der Konfliktregion sind aber völlig ungeeignet für die Schaffung von Stabilität und Frieden. In Somalia herrscht eines der derzeit schlimmsten Flüchtlingselende auf der Welt. Mitverursacht auch durch eine Politik westlicher Staaten, die offenbar von der Instabilität des Landes profitieren. Eine weitere Erhöhung der Militärpräsenz wird auch nicht zu mehr Sicherheit in der Region führen. Entgegen den aktuellen Forderungen nach militärischer Aufrüstung der Handelsmarine belegen sogar die Zahlen aus den Berichten des International Maritime Bureau, dass die Piraterie im Golf von Aden seit der Präsenz von Kriegsschiffen enorm zugenommen hat.
Im Zusammenhang mit der Forderung der deutschen Reeder kann auch darauf verwiesen werden, dass gerade mal noch ein Sechstel der deutschen Handelsschiffe unter deutscher Flagge fahren. Einerseits verschafft man sich durch Ausflaggung offenbar gern finanzielle Vorteile, andererseits ruft man nach dem Staat, um militärischen oder polizeilichen Schutz der Handelsrouten zu garantieren.
Anstatt privaten Söldnerfirmen neue Märkte zu öffnen und durch Lockerung des Waffengesetzes das Kriegsgeschäft zu erleichtern, muss die Regierung ihre Politik gegenüber den afrikanischen Staaten ändern. Politische Lösungen sind Voraussetzungen für Frieden in Somalia. Wer an einer Lösung des Piraterieproblems interessiert ist, der muss sich ernsthaft für Frieden in der Region und für den Wiederaufbau staatlicher Strukturen stark machen.
Dafür ist eine Umkehr in der Aufrüstungspolitik und eine Abkehr des Exports von Kriegsgerät und Militärdienstleistungen unerlässlich. Den Plänen der weiteren Privatisierung hoheitlicher Aufgaben muss eine klare Absage erteilt werden. Anstatt militärischer Wege muss der Welthandel in den Dienst von Menschenrechten, Umweltschutz und Gerechtigkeit gestellt werden. Wenn sich Deutschland und Europa mit seiner Festungsmentalität weiterhin vom Elend in Afrika abschotten, tragen sie zur Eskalation von Konflikten nicht aber zu deren Lösung bei.
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