Berlusconi »Opfer« in Sexskandal
Italiens Premier von Unternehmer erpresst
Und wieder einmal ist Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi in einen Sexskandal verwickelt. Dieses Mal soll er allerdings das Opfer sein. Ein süditalienischer Unternehmer wurde verhaftet, weil er Berlusconi erpresst haben soll; er soll viel Geld erhalten haben, damit er nicht öffentlich macht, dass er dem italienischen Regierungschef Prostituierte besorgt hat.
Gianpaolo Tarantini ist ein windiger Unternehmer im süditalienischen Bari. Irgendwann soll er auf einem Fest Premier Berlusconi kennen gelernt haben, woraus eine »Männerfreundschaft« der besonderen Art entstand. Tarantini heuerte Luxus-Prostituierte an und brachte sie für »gesellige Abende« nach Rom in die private Residenz des Politikers. Diese Damen erhielten sowohl von Tarantini wie von Berlusconi Geld für ihre Dienste. Das ging wohl eine ganze Weile so, bis 2008 Patrizia D’Addario, die keinen Hehl aus ihrem Beruf macht, auspackte und mit vielen Einzelheiten von den Festen im Palazzo Grazioli, der Privatresidenz des Ministerpräsidenten, und den Nächten mit Berlusconi berichtete. Sie hatte damals mit ihrem Mobiltelefon Filmchen gedreht, in denen man unter anderem das riesige Bett des Ministerpräsidenten erkennen kann, das angeblich ein Geschenk von Wladimir Putin gewesen sein soll. Silvio Berlusconi hat die Treffen nie abgestritten, aber immer erklärt, er habe die Frauen nicht bezahlt und noch nicht einmal gewusst, dass sie Prostituierte waren.
Dies soll sich der Zuhälter/Unternehmer zunutze gemacht haben. Die Staatsanwalt von Bari beschuldigt ihn jetzt, Berlusconi erpresst zu haben. Dass Geld – viel Geld – geflossen ist, streitet auch niemand ab. Tarantini erhielt im Laufe der letzten Jahre etwa 850 000 Euro von Berlusconi und dazu noch eine Art Apanage von 20 000 Euro monatlich. Warum hat der Ministerpräsident so viel Geld gezahlt? Berlusconis Antwort lautet: »Ich habe einer Person und einer Familie mit Kindern geholfen, die in großen finanziellen Schwierigkeiten steckt. Ich habe nichts Ungesetzliches getan und mich darauf beschränkt, einen verzweifelten Menschen zu helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen.« Und er fügte hinzu: »Ich helfe sehr vielen Menschen!« Unweigerlich denkt man dabei daran, dass er auch in Bezug auf die damals minderjährige Ruby und ihre »Freundinnen« erklärte, er habe sie nie für irgendwelche sexuellen Dienstleistungen bezahlt, sondern ihnen nur Geld (zwischen 6000 und 60 000 Euro) gegeben, um »jungen Menschen« eine Hilfe zu sein. Berlusconi, ein Wohltäter!
Die Staatsanwaltschaft von Bari hat allerdings einen ganz anderen Eindruck. Sie hat Telefonmittschnitte in der Hand, in denen sich Tarantini mit einem befreundeten Journalisten, der inzwischen ins Ausland geflüchtet ist, darüber auslässt, wie viel Geld man denn noch von Berlusconi erhalten könnte, wenn man nur weiterhin den Mund darüber halten würde, dass Berlusconi genau wusste, was das für Frauen waren, die ihm da zu Hauf zugetragen wurden.
In den nächsten Tagen soll Berlusconi seine Aussage als Geschädigter machen. Aber klar ist, dass eigentlich er auf der virtuellen Anklagebank sitzt: Nicht nur, dass der Regierungschef mit Prostituierten geht, er ist auch noch erpressbar. Es gibt wohl kein Land, in dem so etwas nicht zum sofortigen Rücktritt von allen Ämtern führen würde – außer Italien, versteht sich.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.