August Borsigs Studienfreund
ND-Herbstwanderung auf der Spur eines Kapitels der deutschen Industriegeschichte
Heute pendeln viele der rund 12 500 Einwohner von Fredersdorf-Vogelsdorf zur Arbeit nach Berlin. Einst verdienten die Menschen hier ihren Lebensunterhalt vornehmlich mit der Landwirtschaft. Trotzdem gab es dort bereits vor mehr als 150 Jahren eine Fabrik, die Bohm'sche Fabrik. Der erste Boss – Mühlenbaumeister Carl Gottlob Bohm – spielte sogar eine Rolle in der preußischen Industriegeschichte.
Am 25. September startet am S-Bahnhof Fredersdorf die ND-Herbstwanderung. Die Start- und Wanderkarten gibt es dort von 8 bis 11 Uhr. Zur Auswahl stehen eine sechs Kilometer lange Strecke, eine zehn Kilometer lange und eine über 15,5 Kilometer. Ziel ist das Stadion an der Andernacher Straße in Neuenhagen bei Berlin. Dort erwarten wir zum Gespräch auf der Bühne Kerstin Kaiser, die Linksfraktionschefin im Landtag.
Der Müllerssohn Carl Gottlob Bohm aus Lychen hatte sich ab 1828 am Technischen Gewerbe-Institut in Berlin ausbilden lassen. Das Institut war ein Vorläufer der heutigen Technischen Universität in Berlin-Charlottenburg. Es wurde von Peter Beuth gegründet und förderte die Industrialisierung in Preußen.
Ein Studienfreund Bohms war der spätere Industrielle August Borsig. Der galt als geborener Praktiker, der sich mit theoretischen Berechnungen absolut nicht anfreunden wollte, schreibt Manfred Kliem in seiner »Ortsgeschichte Fredersdorf-Vogelsdorf«. Institutsdirektor Beuth habe den später so erfolgreichen Borsig deswegen oft als ungeeignet für den angestrebten Beruf bezeichnet und ihm den fleißigen und begabten Bohm als Beispiel hingestellt. Bohm machte seinen Abschluss 1834. Ein Jahr später kaufte er für 6300 Reichstaler eine Mühle in Fredersdorf, wo die Bauern ihr Korn mahlen ließen. Dort begann er damit, Maschinen zu bauen. Nebenher betrieb Bohm ein wenig Landwirtschaft. Die Einnahmen daraus dienten ihm als zweites Standbein. Doch bereits 1831, im Alter von nur 20 Jahren, hatte Bohm sich neben dem Studium am Gewerbe-Institut mit der Reparatur und dem Umbau von Wind- und Wassermühlen befasst. 1831 gilt deshalb als Gründungsjahr der Firma. Die Fabrik in Fredersdorf spezialisierte sich auf Anlagen für Brennereien, die Kartoffelschnaps machten. 1916 wurde auf Kriegsproduktion umgestellt. Das Werk war nun Zulieferer für Berliner Munitionsfabriken.
1933 feuerte der nunmehrige Firmenchef Otto Bohm seinen Prokuristen Richard Windpfennig. Dies hatte möglicherweise auch einen politischen Hintergrund. Schließlich gehörte Otto Bohm der NSDAP an und Ingenieur Windpfennig stand wahrscheinlich der Deutschen Demokratischen Partei nahe. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Fabrikanlagen demontiert und als Reparationsleistungen in die Sowjetunion gebracht.
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