LINKE geben Papst nicht die Ehre

Ein Teil der Bundestagsfraktion beteiligt sich während der Rede vor dem Bundestag an Protesten

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
In der nächsten Woche ist es soweit: Der Papst kommt. Am Freitag wird Benedikt XVI. auch im Bundestag sprechen. Nicht zur Freude aller Abgeordneten.

Protokollarischer Höhepunkt des Papstbesuchs wird die Rede von Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag sein. Um der »historischen Bedeutung« zu entsprechen, die Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) der Rede bereits im Vorfeld verlieh, wurde extra die Parlamentarische Sitzungswoche um sieben Tage verschoben.

In allen Fraktionen gebe es einen »ganz breiten Konsens«, schwärmt Lammert auf der Bundestags-Internetseite, dass die »seltene und zu unser aller Lebzeiten vermutlich auch nicht wiederholbare Gelegenheit, einen deutschen Papst in der deutschen Hauptstadt begrüßen zu können, auch durch eine Einladung, vor dem Deutschen Bundestag zu sprechen, begleitet werden sollte«. Weit weniger Pathos verspürt mancher Abgeordnete, und noch etwas weiter unterhalb des »ganz breiten Konsenses« regt sich durchaus Unmut. So haben einige Parlamentarier der SPD, an der Spitze der sich zum Laizismus bekennende Ostdeutsche Rolf Schwanitz, ihr Fernbleiben angekündigt. Die SPD will die Reihen mit ihrer eisernen Parlamentsreserve, also ehemaligen Abgeordneten, schließen, um eine ihrer historischen Verantwortung gewachsene Sozialdemokratie zu präsentieren.

In der Linkspartei geht es eigentlich ganz locker zu beim Thema. Wovon der Witz zeugt, der in der Führungsetage die Runde macht: Angeblich gehörte zur ursprünglichen Planung des Programms auch der Besuch einer »gemischten Sauna«. Auf die erste Zustimmung aus dem Beraterstab von Ratzinger folgte allerdings der Einwand, der schließlich zur Absage führte: Zusammen mit den Protestanten – nie! Allerdings wird die Nonchalance nicht von allen geteilt. Angeblich rund die Hälfte der Linksabgeordneten will dem Papst nicht die Ehre geben. Man werde stattdessen an den Demonstrationen teilnehmen, die zur gleichen Zeit geplant sind. Rechtlich wird noch gestritten, ob in Sichtweite des Reichstages vor dem Brandenburger Tor oder aber am Potsdamer Platz demonstriert wird.

Die Gruppe der Unwilligen setzt sich strömungsübergreifend zusammen – Reformerlager (Petra Sitte und Jan Korte) und linker Linksflügel (Ulla Jelpke und Andrej Hunko) sind vertreten. Und die Begründungen ähneln sich: Trennung von Staat und Kirche, persönliche Distanz zur Kirche oder die Gleichbehandlung mit anderen Religionen, der dieser Auftritt zuwiderlaufe. »Warum den Vertreter des Katholizismus sprechen lassen, nicht aber Vertreter anderer Religionen?«, fragt in einer Erklärung polemisch der nordrhein-westfälische Abgeordnete Andrej Hunko. Ein Fragerecht der Abgeordneten wäre das Mindeste, so Hunko gegenüber ND. »Gäbe es das, würde auch ich teilnehmen.«

Eine Debatte in der Fraktion führte zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung jedem Abgeordneten selbst überlassen wurde. Wie Gregor Gysi, Klaus Ernst und Dietmar Bartsch wird auch die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch dem Papst zuhören. Das sei eine Frage der Höflichkeit. Ob sich alle an den Beschluss halten werden, im Plenarsaal selbst auf Protestaktionen zu verzichten, das liege wohl in Gottes Hand, scherzte sie am Dienstag. Halina Wawzyniak, Abgeordnete und Parteivizevorsitzende, findet die Rede ohnehin nicht des Streites wert. Viel wichtiger seien die Anträge, die die LINKE zum Thema eingebracht habe. Darin wendet sie sich gegen Staatsleistungen an die Kirche, gegen Kirchensteuer und staatlichen Religionsunterricht.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.