Backpfeifen für Budapest

Forint wird an den Franken gekoppelt / Harsche Kritik aus Österreich

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Österreichische Politiker und Medien toben. Nachdem Budapest angekündigt hat, per Gesetz in den Wechselkurs des Forint gegenüber Fremdwährungen eingreifen zu wollen, überbieten sich die Spitzen von Politik und Medien in Beschimpfungen des nachbarlichen Premiers. Orban gilt ihnen als »Räuber« und »Despot«.

Die Aufregung zeigt die vollständige Identität der österreichischen politischen und medialen Klasse mit den Interessen der hiesigen Banken. Nur diese erklärt, warum sich vom Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) abwärts alle ob eines Gesetzes empören, das über einer Million Ungarn die Möglichkeit eröffnen soll, einer existenzbedrohlichen Schuldenfalle zu entrinnen.

Am Montag hat Ungarns Premier Orban angekündigt, den Wechselkurs des Forint mit dem Schweizer Franken staatlich festsetzen zu wollen. Den Hintergrund dieser Maßnahme bildet die in Ungarn weit verbreitete Verschuldung von Haushalten in Schweizer Franken. Über Jahre hinweg wurden den »Häuselbauern« Kredite in ausländischen Währungen von vornehmlich österreichischen Banken geradezu aufgedrängt. Diese lockten mit niedrigen Zinsen und langen Laufzeiten. Die meisten dieser Kreditverträge wurden bei einem Frankenkurs von 150 bis 160 Forint je Franken aufgenommen. Heute steht der Franken bei 240 Forint.

Über 1,2 Millionen UngarInnen haben Frankenkredite laufen, die sie beim aktuellen Kurs niemals zurückzahlen können. Schon im Juni ließ die Regierung in Budapest daraufhin den Wechselkurs einfrieren. Nun soll er staatlich mit dem Kurswert 180 Forint zu einem Franken festgesetzt werden. Den Schuldnern wird innerhalb eines Zeitfensters erlaubt, zu diesem Kurs den Kredit zu bedienen. Den daraus entstehenden Verlust tragen die Banken.

Neben der ungarischen OTB sind es fast ausschließlich österreichische Geldinstitute, die von dem geplanten staatlichen Eingriff betroffen sind. Die »Erste Bank« hat Frankenkredite in der Höhe von drei Milliarden Euro in Ungarn vergeben, die »Raiffeisen« 1,6 Milliarden und die zur UniCredit-Gruppe gehörende »Bank Austria« 770 Millionen Euro. Sie müssen mit einem Kreditausfall von 25 bis 30 Prozent rechnen.

Noch im Jahr 2005 ließ sich Raiffeisen-Boss Herbert Stepic medial als unumschränkter Herrscher über neue Märkte feiern mit Sätzen wie: »Die Ostöffnung war ein galaktisches Fenster für Österreich und die Raiffeisen Zentralbank.« Das nun einsetzende Wehgeschrei spiegelt die damalige Fehleinschätzung. Eine solche ruft dieser Tage auch der ungarische Botschafter in Wien in Erinnerung, wenn er meint, dass bei 1,2 Millionen Franken-Kreditnehmern den »Banken das Risiko bewusst« hätte sein müssen. Doch die Geldhäuser wollen von eigenem Verschulden nichts wissen. Sie rufen Politik und Medien zu Hilfe und erhalten – wiederum – Unterstützung. »Um Heilsversprechen durch Raub erfüllen zu können«, schreibt z. B. der bekannte Kommentator Hans Rauscher im »Standard«, »sucht man sich als Opfer am besten Feindbilder. Im Megamaßstab geschah das mit den ›Arisierungen‹ im Nazi-Reich.«

Die Bank als Opfer, Orban als Ariseur, und die Kreditnehmer mit ihren Existenzsorgen kommen gar nicht vor. So sieht das Weltbild jener aus, die allzeit bereit sind, für das Bankkapital in die Bresche springen. Auch der Chef der Sozialdemokraten (SPÖ), Kanzler Faymann, macht da keine Ausnahme, wenn er von einem »unzulässigen Eingriff« spricht und seinen Außenminister beauftragt, den Europäischen Gerichtshof wegen des Verdachts einer EU-Vertragsverletzung einzuschalten.

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