Ein Kurzlehrgang in NPD
Gestikulieren und bramarbasieren: Wie NPD-Mann Pastörs an einer Schülergruppe vorbeiredet
Das Internet hat ein weitverzweigtes Gedächntnis. Das müssen nun auch 17 Schüler aus dem Weiler Ferdinandshof feststellen, die im zurückliegenden Wahlkampf, am Tag nach dem »Duell« der Spitzenkandidaten, mit ihrem Sozialkundelehrer eine Plakat-Exkursion im Ort unternommen hatten. Dabei wurden sie nämlich von NPD-Fraktionschef Udo Pastörs vor einem Supermarkt abgefangen und in einem über 15 Minuten währenden Monolog »missioniert.« NPD-Helfer hatten die Szene gefilmt und als Ausweis von Pastörs Bürgernähe ins Internet gestellt.
Dort ist der Film bis heute mit leicht verändertem Titel zu sehen, obwohl er nach Einspruch der Eltern, der Schule und des Bildungsministeriums von der NPD-Internetseite gelöscht werden musste. Die Partei hatte die Aufnahmen ohne Einverständnis benutzt, ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Kinder.
Der unfreiwillige Gratis-Wahlspot, mit dem die NPD insgesamt nur wenige Tage im Netz warb, könnte nun im Nachhinein doch noch ziemlich teuer werden. 12 Eltern aus Ferdinandshof haben eine Schweriner Anwaltskanzlei mit der Prüfung von Schadensersatzansprüchen beauftragt; in vergleichbaren Fällen von Bilddiebstahl wurden schon Summen von bis zu 2500 Euro pro Betroffenem fällig; der Spot könnte also am Ende um die 30 000 Euro kosten. Erstaunlich ist auch aus anderem Grund, dass das Video überhaupt genutzt wurde. Der Pastörs sieht nämlich gar nicht gut aus in dem Streifen, der eine Art Kurzlehrgang in Sachen NPD ist: Viel Aggression, man weiß nur nicht recht, wogegen.
»Das ist Demokratie: Nicht über die NPD reden, sondern mit der NPD«, legt Pastörs noch relativ frisch los. Von einem »Gespräch« zwischen den Schülern und Pastörs kann in der folgenden Viertelstunde dann aber keine Rede sein. Pastörs ergeht sich in endlosen, nur assoziativ verbundenen Ausbrüchen über »EU-Diktatur«, »kriminelle Ausländer« oder »Kraft durch Freude an der Arbeit«. Sobald aber tatsächlich Fragen kommen, reagiert er tendenziell aggressiv – etwa als der von der Aktion überrumpelte Lehrer zu den Anti-Europa-Slogans anmerkt, das seien doch gar keine Landtagsthemen. Und als am Ende einer der Schüler meint, es sei doch »nicht schlimm«, wenn Ausländer in Deutschland arbeiten würden, gerät Pastörs zuerst kurz aus dem Konzept – um den verdutzt dreinschauenden Pennälern dann fahrig auseinanderzusetzen, das sei schon »aus staatsrechtlichen Gründen« nicht möglich.
Überhaupt ist die Botschaft des Videos aus NPD-Sicht eigentlich katastrophal: Was oder wer die NPD sein will, wird kaum deutlich. Pastörs sagt den Schülern nicht nur voller Stolz, dass er selbst wohlhabend sei und einmal »eine internationale Unternehmung« gehabt habe – sondern legt sogar nahe, dass in der NPD vernünftigerweise nur Reiche Politik machen sollten: »NPD ohne Geld? Keine Chance, wirste geächtet, wirste fertiggemacht«. Dann erklärt Pastörs, was ein »Bonze« sei: Nicht etwa der »Unternehmer, der zehn Millionen hat«, sondern nur der, der Stundenlöhne von 5,50 bezahlt, was ihm, Pastörs, nie in den Sinn gekommen sei.
Ist die NPD also sowas wie die Partei der großzügigen Reichen? Schwer zu sagen, denn kurz darauf ist »Geld« wieder böse im Schwall des Udo Pastörs, das »internationale« ganz besonders: Die Bundesrepublik sei gar keine Demokratie, »das ist eine Gelddiktatur, eine kapitalistische, internationale«. Die Schüler im Video können und wollen dem sichtlich immer weniger folgen, je länger Pastörs redet, desto unruhiger zappeln sie. Der NPD-Mann beherzigt nicht mal die einfachste Grundregel im Umgang mit Jugendlichen: Mache alle fünf Minuten einen Witz. Das übernimmt dann der Lehrer, als Pastörs gestikulierend über »Akkumulation« zu schwadronieren beginnt: »Herr Pastörs, das ist 'ne deutsche Klasse, also bitte nicht solche Wörter.« Daraufhin ist sogar Pastörs einmal eine Sekunde lang still.
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