Piraten streiten über die Grenzen der Transparenz
(dpa). Geht nur ein bisschen transparent? Oder muss tatsächlich alles öffentlich sein? Diese Frage beschäftigt die neu ins Abgeordnetenhaus gewählte Piratenpartei. Mehr Transparenz in der Politik ist eine der zentralen Forderungen der Piraten-Politiker. Aber dazu gibt es bei den 15 neuen Abgeordneten durchaus unterschiedliche Meinungen. Das geht aus dem Protokoll eines ersten Treffens mit weiteren Parteivertretern hervor, das die Piraten ins Internet stellten. In der ausführlichen Debatte lehnen es einige der Piraten ab, auch die internen Sitzungen mit Bild und Ton live im Internet zu übertragen. Der 27-jährige Abgeordnete Christopher Lauer meint: »Ich halte es für wichtig, einmal ein Treffen zu haben, wo wir wirklich wissen, da können wir offen miteinander reden.« Besser sei es, danach die Ergebnisse zusammenzufassen.
Der Student Heiko Herberg stimmt zu: »Ich fände es toll, wenn wir uns einfach auch mal allein unterhalten dürfen, ohne dass alle ihren Senf dazu geben.« Im Protokoll wird dann Pavel Mayer zitiert: »Mein Vorschlag für die Sitzung wäre, dass wir sie nicht streamen, sondern aufzeichnen und dann gegebenenfalls zensieren (Gelächter), und zwar ernsthaft an Stellen, wo es um personenbezogene Dinge geht.« Der Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner, der auch im Parlament nicht auf seine blaue Latzhose verzichten will, widerspricht: »Wir sind erwachsen genug, dass wir uns trauen können, das gleich live zu streamen. Wenn dann Klartext geredet wird, muss man erkennen, wo der letzte Punkt ist, der nicht überstreiten darf. Nicht mit mir das Ding.« Später betont er: »Wir sind in den Wahlkampf gegangen mit ›Wir sind transparent‹. Dieses Sprechen, was wir unter den 15 Leuten machen, ist auch eine Art Entscheidungsfindung.« Einen Kompromiss sucht Alexander Spies: »Bei uns gilt, öffentlich muss öffentlich sein. Private Dinge privat sein. Wenn wir über politische Entscheidungen reden, ist es Teil der Öffentlichkeit. Wir sind aber auch eine Gruppe von Menschen, die es gemeinsam in das Abgeordnetenhaus gespült hat.« Da gebe es auch Dinge zu bereden, die nicht in die Öffentlichkeit gehören.
Eine Lösung muss noch gefunden werden. Abschließend die Frage im Protokoll: »Wer ist damit einverstanden, dass die 15 Kandidaten das unter sich ausmachen müssen?« Ergebnis: Positiv.
Die Debatte endet mit dem Protokoll-Vermerk: »C. Lauer: Pause machen und rauchen.«
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