Merkels Eulen für Athen

Der Rettungsschirm EFSF bringt die Koalition in die Bredouille und den Griechen keine Lösung

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Internationale Währungsfonds deckt sich mit frischem Geld ein, am Donnerstag entscheidet der Deutsche Bundestag über die Erweiterung des EU-Rettungsfonds EFSF. Die Krise soll mit immer neuen Krediten erstickt werden. Dabei gerät auch die Berliner Regierungskoalition in Atemnot.

Es ging wieder einmal um Millionen und um launig formulierte Fragen: Doch als Angela Merkel am Sonntagabend als einziger Gast in Günter Jauchs Polit-Talkshow saß, klärte der nicht einmal darüber auf, ob die Antworten der Kanzlerin richtig oder falsch waren. Die Kanzlerin war gekommen, um die Zuschauer zu beruhigen. Und Jauch ließ sie gewähren.

Viel Verunsicherung produziert die Politik derzeit. Ob mit dem erweiterten Eurorettungsschirm EFSF eine nach oben offene Retterskala geschaffen wird. Ob über diese Streitfrage die Bundesregierung stolpern könnte. Vor allem aber: Ob die beabsichtigte Erweiterung zum Schluss auf Kosten der Steuerzahler geht, ob die Rezeptur, die man jetzt den Griechen verabreicht, auch auf die deutschen Sozialsysteme angewandt wird, wenn aus den Milliardengarantien reale Zahlungen werden.

Am heutigen Dienstagabend wird der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou mit der Kanzlerin in Berlin zum Essen zusammentreffen. Die Sparauflagen der EU an Griechenland werden wohl eine Rolle spielen und vielleicht der zornige Protest der Bevölkerung, der auch am Montag zum Verkehrskollaps in Athen führte. Die Kanzlerin, die die Daumenschrauben für das griechische Volk persönlich mitverantwortet, wird angesichts der Sorgen ihres Amtskollegen möglicherweise darauf verzichten, auf die eigene Not hinweisen. Doch wenn sie schon auf Jauchs Hilfe angewiesen ist, ist der Leidensdruck offenbar hoch.

Am Donnerstag steht die Abstimmung im Bundestag über Deutschlands Zustimmung zum EFSF auf der Tagesordnung. Dass es eine Mehrheit im Deutschen Bundestag geben wird, scheint nicht in Frage zu stehen, weil SPD und Grüne Zustimmung signalisiert haben. Unsicher ist aber, ob der Beschluss mit der sogenannten Kanzlermehrheit herbeigeführt werden kann. Dazu braucht die Regierungschefin die Stimmen von mindestens 311 Abgeordneten der Koalition aus Union und FDP, also eine Stimme mehr als die Hälfte der insgesamt 620 Bundestagsabgeordneten. Das heißt, sie könnte sich maximal 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen aus den Regierungsfraktionen leisten – bei der Einbringung des Gesetzes waren 25 Abgeordnete ausgeschert.

Merkel begnügt sich daher vorsorglich mit der einfachen Mehrheit. SPD-Amtsvorgänger Gerhard Schröder hatte in ähnlicher Lage die Vertrauensfrage gestellt. Merkel lässt es darauf nicht ankommen: »Wir sind bei einem ganz normalen Gesetz, und da braucht die Regierung eine Mehrheit.« Sie sei optimistisch, »dass das auch diesmal gelingt«, erklärte sie Jauch am Sonntagabend.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer beeilt sich zu beteuern, dass Schwarz-Gelb nicht in Gefahr sei. Gerade in seiner Partei wächst der Widerstand gegen immer neue Schuldengarantien in der EU. Die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF sei notwendig und werde von ihm unterstützt, so Seehofer am Montag. Aber: Man müsse »sehr auf die Grenzen des Verantwortbaren schauen«. Man dürfe keinen »Marsch in die Schuldengesellschaft Europa« antreten. FDP-Generalsekretär Christian Lindner klang noch eine Spur nervöser, als er am Montag ein Ende der Debatte um eine weitere Ausweitung des EFSF forderte. Merkel (CDU) müsse »klarstellen, dass es keine Änderung der Geschäftsgrundlagen beim EFSF gibt«, zitierten die Agenturen Lindner.

Fakt ist, die Kosten steigen. Immerhin erwägt auch der Internationale Währungsfonds (IWF) laut »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, seine Ressourcen von 940 Milliarden Dollar auf mindestens 1,3 Billionen Dollar aufzustocken.

Wer die Kosten zuletzt zu tragen hat, ist offen. Klaus Ernst, Vorsitzender der LINKEN, beklagte nach einer Vorstandssitzung am Montag, dass es der Regierung allein um die Rettung des Finanzsektors gehe, die strukturellen Ursachen der Krise unberücksichtigt blieben. »Der EFSF ist nicht alternativlos.« Die Vorschläge der LINKEN: Kontrolle der Banken, eine Entkoppelung von Staatshaushalt und Finanzwirtschaft, Schaffung einer öffentlichen Bank für Staatsanleihen und das Ende des Lohndumpings.

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