Politikerstau auf der A 100
Bundestag widmete Aktuelle Stunde dem Autobahnprojekt / Regierung sieht »keinen Spielraum«
Die Versuchung war gar zu groß, CDU/CSU und FDP mochten ihr einfach nicht widerstehen. So beraumten sie gestern im Bundestag eine Aktuelle Stunde an zu diesem Thema: »Haltung der Bundesregierung zur Frage einer Umlenkung von Verkehrsinvestitionsmitteln des Bundes für die Autobahn A 100 auf andere Verkehrsprojekte des Bundes in Berlin«.
Damit konnte schließlich der Kompromiss zerlegt werden, den SPD und Grüne in Berlin zur Grundlage ihrer Koalitionsbildung machen wollen. Nachdem schon Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ungewohnt flink am Vortag sein schroffes Nein zu Protokoll gab, waren die Parlamentarier dran. Da an Meinungsäußerungen nicht gespart wurde, kam es fast zu einem Stau der Politiker auf der A 100.
Der löste sich in rund einer Stunde Debatte und die bekannten Bestandteile auf. Jede Bundestruppe bot ihren Kämpfern vor Ort Schützenhilfe. Kai Wegner (CDU/CSU) beklagte: »Ein wichtiges Projekt des Verkehrswegeplanes droht zu scheitern.« Er rieb Berlin die 63 Milliarden Euro Schulden unter die Nase, da könne sich die Stadt keinen Verzicht auf 420 Millionen leisten. Andere Länder würden sich schon die Hände reiben. »Die Bundesregierung steht zum Bau der A 100«, versicherte er. Eine Umschichtung sei nicht möglich. Der Bund erwarte Verlässlichkeit
»Wir stehen für verlässliche Politik«, versicherte hingegen Mechthild Rawert (SPD). Eine leistungsfähige Infrastruktur sei für Berlin Grundlage des Erfolges. Dafür wollten SPD und Grüne Mittel des Bundes einsetzen. Die A 100 werde nicht aufgegeben. Sei eine alternative Verwendung der Bundesmittel nicht möglich, würden sie für den Weiterbau der A 100 verwendet. Das Ministerium habe aber auf eine parlamentarische Anfrage bestätigt, dass eine Umwidmung grundsätzlich möglich sei.
Für die Bundesregierung erklärte im Gegenzug der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke, dass die Autobahn »sechsstreifig im vordringlichen Bedarf« im Plan stehe. Es gebe überhaupt keinen Verhandlungsspielraum, da dies Bundesgesetz sei. Außerdem gebe es kein alternatives Projekt, das umgesetzt werden solle.
Auf gebrochene Versprechen verwies Stefan Liebich (LINKE). Gegen A 100 und »Betonköpfe abwählen« hätten die Grünen im Wahlkampf plakatiert. Nun werde das Projekt »nicht grundsätzlich« aufgegeben. Rot-Grün solle sich jetzt nicht hinter dem Bund verstecken.
Unterhalt muss vor Neu- und Ausbau kommen, beschwor Anton Hofreiter (Grüne) die Notwendigkeiten. Er wünschte sich sogar einen Bonus aus den Unterhaltsmitteln als Belohnung für Berliner Vernunft.
Zu einem weiteren Politikerstau dürfte es Freitag ab 16.15 Uhr in der Bundesallee 1-2 (U-Bahnhof Spichernstraße) vor dem Grünen-Parteitag kommen. Autobahngegner machen hier mobil mit einem »Stoppen-Spalier« unter der Losung »Rot-Grün ohne A100!«. Um 17 Uhr beginnt im Konzertsaal der UdK die Delegiertenkonferenz der Grünen zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.