Der Tod und die Tüte
Michael Thalheimer inszenierte am Deutschen Theater Berlin »Unschuld« von Dea Loher
Wer Schiller denkt, denkt Posa oder Karl Moor. Wer Goethe sagt, ruft Tasso auf. Noch von Brechts programmatischen Horizonten her melden sich einprägsame Einzelne. Es gab einmal eine Dramatik der Menschwerdung durch Tat und Gegentat von Individuen. Was gestaltet wurde, waren vor allem Gestalten, die die Welt sprengten.
Heute dagegen ist Dramatik eine Gegend des selbstbrütenden Raumes, darin Menschen, von Autoren in Sprachröhren gesteckt, durch Reflexionsebenen und Themenparks geschossen werden. Gedanken- statt Blutbahnen. Die Sinnfrage gebiert kaum noch sinnliche Antworten. Das Nachdenken über die Welt schafft kein Vorgefühl mehr für vulkanische Typen, die sich wagend, kündend, vorlaut, rücksichtslos ins Schicksal werfen. Das extravagante Ich starb wohl aus.
Was man heute einzig noch tun kann, als leidenschaftsentleerte Stückfigur des neuen Jahrhunderts: sich erklären, warum man nichts mehr zu klären in der Lage ist; mit Worten b...
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