Für Europa gegen die Banken
Landesparteitage der Linkspartei in Hessen und Niedersachsen: Euro-Rettungsfonds hilft den Griechen nicht
Von der gewünschten Geschlossenheit sei die Partei noch entfernt, erklärte der Bundesvorsitzende Klaus Ernst in seiner Rede. Man habe in den zurückliegenden Monaten mit der Diskussion etwa über Mauerbau oder Antisemitismus »nicht die richtigen Themen« aufgegriffen. Manche in der Partei hätten sich auch gefreut, wenn andere Fehler machten. »Wir müssen damit aufhören, uns selber klein zu machen«, forderte Ernst. Dass die Bundestagsfraktion am Donnerstag einmütig und als einzige Partei den Euro-Rettungsfonds EFSF abgelehnt habe, sei ein wichtiges Zeichen. Das Nein im Bundestag sei nicht gegen Europa gerichtet, sondern Ausdruck der Sorge, »dass dieser Weg Europa zerstört«. Von diesem »Garantiepakt für die Banken« werde die griechische Bevölkerung keinen Euro sehen, kritisierte der Parteichef und bekräftigte die Forderung nach gesellschaftlicher Kontrolle über die Banken.
Mit dieser Botschaft sei die Partei »notwendiger denn je«, erklärte er unter dem Beifall der Delegierten. Um sie geschlossen nach außen zu tragen und Rechtspopulisten unterschiedlicher Couleur keine Chance zu geben, wollen die hessischen Kreisverbände in den kommenden Tagen in Flugblättern die Bevölkerung über die Gründe für die Ablehnung des EFSF aufklären. Mitte November wird eine internationale Konferenz und Kundgebung mitten im Frankfurter Bankenviertel demonstrativ deren Macht anprangern. Dazu werden auch der frühere Parteichef und Ex-Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine und der Vorsitzende der Europäischen Linken, Pierre Laurent, erwartet.
Den Schwerpunkt des zweitägigen Parteitags bildete die Antragsberatung. Neben aktuellen Beschlüssen zu Themen wie Bahnlärm im Rheintal oder Privatisierung der Pflegeversicherung stand dabei die ebenso ausführliche wie disziplinierte Beratung und Beschlussfassung von rund 200 Änderungsanträgen zum Entwurf eines Parteiprogramms und zur Bundessatzung im Mittelpunkt. Das letzte Wort hat dazu in knapp drei Wochen der Bundesparteitag in Erfurt.
Dabei unterstützten die Delegierten mit großer Mehrheit eine Antragsvorlage der Landesvorsitzenden Heidemarie Scheuch-Paschkewitz, die von den hessischen Parteitagsdelegierten ein klares Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr erwartet. »Ein Aufweichen unserer Position würde die herrschenden Kräfte ermutigen, bei zukünftigen Auslandseinsätzen noch dreister vorzugehen«, heißt es in der Begründung. Eine »sogenannte differenzierte Betrachtung« und mögliche »Einzelfallentscheidungen« über Bundeswehreinsätze dürften keinen Eingang in das Programm finden. Vergeblich mahnte ein Delegierter, man werde um »militärische Friedenssicherung durch die UNO nicht umhin kommen, da kann der Parteitag beschließen, was er will.«
»Gleiche Rechte für Menschen, die keine wirtschaftlich verwertbare Tätigkeit leisten können«, forderte der behindertenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Ilja Seifert. Ein vom Kongress diskutierter und verabschiedeter Leitantrag zur Behindertenpolitik definiert diese als »Querschnittsaufgabe«, eine gemeinsame Aufgabe aller Mitglieder, Funktionäre und Mandatsträger mit und ohne Behinderungen.
Auch auf dem ebenfalls am Wochenende stattgefundenen Parteitag der niedersächsischen Linkspartei wurde die Notwendigkeit betont, die parteiinternen Auseinandersetzungen zu beenden und sich verstärkt dem Thema Europa zuzuwenden. Mit der Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF werde nicht einem einzigen Griechen geholfen, sondern Geld von unten nach oben verteilt, erklärte der Bundestagsabgeordnete und ehemalige niedersächsische Landeschef Diether Dehm am Sonntag in Braunschweig. »Mit diesem Thema müssen wir nach vorn.« Sonst setzten sich Rechtsextremisten und -populisten damit durch. Mit dpa
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