Seidenstückers Welt

Fotoausstellung in der Berlinischen Galerie

  • Lesedauer: 2 Min.
Ob Nilpferde oder ein Frauenhintern vor dem Affengehege: In Berlin öffnet eine sehenswerte Ausstellung mit Fotografien von Friedrich Seidenstücker. Auch ungewöhnliche Aktbilder sind zu entdecken.
Ohne Titel, 1945 (Ausschnitt)
Ohne Titel, 1945 (Ausschnitt)

Nicht auszudenken, wenn die schielende Beutelratte Heidi nicht in Leipzig, sondern in Berlin gestorben wäre. Vermutlich hätte es im Roten Rathaus ein Kondolenzbuch gegeben. In der Hauptstadt ist die Tierliebe traditionell besonders groß. Das ist auch in der Ausstellung »Von Nilpferden und anderen Menschen« zu spüren, die an diesem Wochenende in der Berlinischen Galerie in Kreuzberg öffnete.

Es ist die erste große Retrospektive über den Fotografen Friedrich Seidenstücker (1882-1966). Mehr als 200 Originale sind zu sehen - Tierfotos, Studien aus der Weimarer Republik und von den Trümmern Berlins, Aktfotos und Landschaftsaufnahmen. Es ist ein Schatz, den das Landesmuseum aus seiner Sammlung geborgen hat. 15 000 Bilder wurden dafür gesichtet.

Man sieht das kleine Nilpferd »Bulette«, das anno 1955 seinem Vater Knautschke in den Hintern zwickt, oder einen Vorläufer von Eisbär Knut, der um 1929 von den Besuchern bestaunt wird - Seidenstücker ging bis ins hohe Alter fast täglich in den Berliner Zoo. Er hielt anders als seine Kollegen auch die Menschen vor den Gehegen fest. So ragt ein dicker Frauenhintern vor einem Käfig, das Äffchen darin ist verschwindend klein.

Auch bei anderen Bildern ist diese Art Humor zu spüren: etwa bei den »Pfützenspringerinnen« oder einer Frau, die beim Baden vor einem Schwan flieht. 1948 hielt Seidenstücker die Zwillinge Hilde und Helga Fischer im Café mit kecken Sonnenbrillen fest. Das ist ein Moment, in dem das Leben im Nachkriegs-Deutschland unbeschwert wirkt. Und zugleich ist es wie ein Blick ins Fotoalbum, bei dem man denkt, wie flott unsere Großmütter einmal aussahen.

»Junge Frauen und Tiere«: Damit war der Künstler, vormals ein glückloser Bildhauer, erfolgreich, wie Kurator Ulrich Domröse erläutert. Und Seidenstücker interessierte sich für das Skurrile im Alltag wie für den »Gasriecher», der schnuppernd die Leitungen überprüfte. In den 40er Jahren zog sich der gebürtige Westfale ins Private zurück und fotografierte Akte. Die Frauen wirken ausgesprochen selbstbewusst: Ein Modell spielt nackt auf einem Kachelofen eine Hexe mit Besen.

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