Kleinerer Kuchen, mehr Esser
Auch West-Kommunen sollen vom Solidarpakt profitieren, fordert ein NRW-Grüner
Anlass des Vorstoßes von Reiner Priggen (Grüne) gegen den Solidarpakt-Ost ist eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zur Schuldenproblematik in den Bundesländern. Die mache, so Priggen, »eine Ungerechtigkeit deutlich, die uns im Land schon lange unter den Nägeln brennt«. Der Solidarpakt verschärfe die Haushaltslage des Landes NRW und seiner Kommunen. Zwischen 2005 und 2019 muss das bevölkerungsreichste Bundesland insgesamt 9 Milliarden Euro in den Pakt einzahlen, rechnet Priggen vor.
Dabei sind Haushaltslagen an Rhein und Ruhr prekär - wie nicht nur der Aachener findet. Dessen Schlussfolgerung ist lapidar: »Das geht so nicht weiter. Der Solidarpakt muss auf den Prüfstand.«
Folgt man Priggens Argumentation, so geht es zumindest drei der fünf ostdeutschen Bundesländer blendend. Unbestritten weist, wie Priggen darlegt, Sachsen eine weitaus niedrigere Pro-Kopf-Verschuldung auf als NRW. Allerdings auch den höchsten Altersdurchschnitt der Republik. Ein harter Sparkurs nebst schlechter wirtschaftlicher Lage lässt Jugendliche und insbesondere Lehrer bereits jetzt in Bundesländer mit besseren Einkommensaussichten abwandern. Bis 2019 wird Sachsen zudem ein Viertel seines Haushaltsvolumens einbüßen - durch die, ganz ohne Priggens Zutun, sukzessive abnehmenden Solidarpaktzahlungen.
Mecklenburg-Vorpommern rühmt sich, da hat Priggen Recht, keine neuen Schulden aufzunehmen - übrigens seit 2006, nach acht Jahren rot-roter Koalition. »Doch eine vorzeitige Reduzierung der Solidarpaktmittel ist inakzeptabel«, sagt Jeannine Rösler, die finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag. Die Mittel seien für das Land als Finanzierungsquelle unverzichtbar - schließlich würden sie nicht verjubelt. Auch könnten die ostdeutschen Bundesländer nicht für die prekäre Lage westdeutscher Kommunen verantwortlich gemacht werden. Die 41-Jährige fordert eine Gemeindefinanzreform auf Bundesebene, »die allen Kommunen stabile Einnahmen sichert.«
Besonders ärgert Reiner Priggen, dass der Landtag Brandenburgs überlege, »wie er Festgeld anlegen soll«. In Brandenburg baut der Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) einen Versorgungsfond für die Beamten des Landes auf. Das Konzept: Das Land hat ein gutes Rating, nimmt günstige Kredite auf, legt das Geld langfristig zu höherem Zinssatz an, beispielsweise in Bundesbriefen. Gleichzeitig findet aber beim Landespersonal ein massiver Stellenabbau statt. Sozialverträglich, in Absprache mit den Gewerkschaften und ohne Kündigungen, wie die LINKEN vor Ort betonen. Mehrkosten für West-Länder entstehen dadurch jedenfalls nicht.
Doch was meint Priggen eigentlich genau, wenn er sagt, der Solidarpakt gehöre auf den Prüfstand? Es könne nicht sein, so Priggen auf nd-Nachfrage, »dass wir mit unseren hochverschuldeten Kommunen bis 2019 noch mal über fünf Milliarden Euro in den Solidarpakt einzahlen müssen.« Denn dann wären die Kämmerer gezwungen, eigens neue Kredite aufzunehmen. »Das ist den Menschen in NRW nicht mehr vermittelbar!«
Die Gelder aus dem Solidarpakt sollten künftig »nicht mehr nur nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedürftigkeit zur Verfügung gestellt werden«, fordert Priggen. Der Solidarpakt Ost würde nach seinem Willen in einen »Solidarpakt für finanzschwache Länder und Kommunen« in ganz Deutschland überführt. Außerdem sollten extrem finanzschwache Kommunen von Zahlungen befreit und Teile des Solidarpakts in einen »Bildungssoli« umgewandelt werden.
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