Kleinerer Kuchen, mehr Esser

Auch West-Kommunen sollen vom Solidarpakt profitieren, fordert ein NRW-Grüner

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Solidarpakt und dessen Ungerechtigkeiten und Zumutungen (insbesondere für Nordrhein-Westfalen) - dies gilt als Leib- und Magen-Thema Reiner Priggens. Nun fordert der grüne Fraktionschef im NRW-Landtag, den Pakt auf den Prüfstand zu stellen.

Anlass des Vorstoßes von Reiner Priggen (Grüne) gegen den Solidarpakt-Ost ist eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zur Schuldenproblematik in den Bundesländern. Die mache, so Priggen, »eine Ungerechtigkeit deutlich, die uns im Land schon lange unter den Nägeln brennt«. Der Solidarpakt verschärfe die Haushaltslage des Landes NRW und seiner Kommunen. Zwischen 2005 und 2019 muss das bevölkerungsreichste Bundesland insgesamt 9 Milliarden Euro in den Pakt einzahlen, rechnet Priggen vor.

Dabei sind Haushaltslagen an Rhein und Ruhr prekär - wie nicht nur der Aachener findet. Dessen Schlussfolgerung ist lapidar: »Das geht so nicht weiter. Der Solidarpakt muss auf den Prüfstand.«

Folgt man Priggens Argumentation, so geht es zumindest drei der fünf ostdeutschen Bundesländer blendend. Unbestritten weist, wie Priggen darlegt, Sachsen eine weitaus niedrigere Pro-Kopf-Verschuldung auf als NRW. Allerdings auch den höchsten Altersdurchschnitt der Republik. Ein harter Sparkurs nebst schlechter wirtschaftlicher Lage lässt Jugendliche und insbesondere Lehrer bereits jetzt in Bundesländer mit besseren Einkommensaussichten abwandern. Bis 2019 wird Sachsen zudem ein Viertel seines Haushaltsvolumens einbüßen - durch die, ganz ohne Priggens Zutun, sukzessive abnehmenden Solidarpaktzahlungen.

Mecklenburg-Vorpommern rühmt sich, da hat Priggen Recht, keine neuen Schulden aufzunehmen - übrigens seit 2006, nach acht Jahren rot-roter Koalition. »Doch eine vorzeitige Reduzierung der Solidarpaktmittel ist inakzeptabel«, sagt Jeannine Rösler, die finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag. Die Mittel seien für das Land als Finanzierungsquelle unverzichtbar - schließlich würden sie nicht verjubelt. Auch könnten die ostdeutschen Bundesländer nicht für die prekäre Lage westdeutscher Kommunen verantwortlich gemacht werden. Die 41-Jährige fordert eine Gemeindefinanzreform auf Bundesebene, »die allen Kommunen stabile Einnahmen sichert.«

Besonders ärgert Reiner Priggen, dass der Landtag Brandenburgs überlege, »wie er Festgeld anlegen soll«. In Brandenburg baut der Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) einen Versorgungsfond für die Beamten des Landes auf. Das Konzept: Das Land hat ein gutes Rating, nimmt günstige Kredite auf, legt das Geld langfristig zu höherem Zinssatz an, beispielsweise in Bundesbriefen. Gleichzeitig findet aber beim Landespersonal ein massiver Stellenabbau statt. Sozialverträglich, in Absprache mit den Gewerkschaften und ohne Kündigungen, wie die LINKEN vor Ort betonen. Mehrkosten für West-Länder entstehen dadurch jedenfalls nicht.

Doch was meint Priggen eigentlich genau, wenn er sagt, der Solidarpakt gehöre auf den Prüfstand? Es könne nicht sein, so Priggen auf nd-Nachfrage, »dass wir mit unseren hochverschuldeten Kommunen bis 2019 noch mal über fünf Milliarden Euro in den Solidarpakt einzahlen müssen.« Denn dann wären die Kämmerer gezwungen, eigens neue Kredite aufzunehmen. »Das ist den Menschen in NRW nicht mehr vermittelbar!«

Die Gelder aus dem Solidarpakt sollten künftig »nicht mehr nur nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedürftigkeit zur Verfügung gestellt werden«, fordert Priggen. Der Solidarpakt Ost würde nach seinem Willen in einen »Solidarpakt für finanzschwache Länder und Kommunen« in ganz Deutschland überführt. Außerdem sollten extrem finanzschwache Kommunen von Zahlungen befreit und Teile des Solidarpakts in einen »Bildungssoli« umgewandelt werden.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.