Peinlichkeiten in Devecser

Gedenken an Ungarns größte Umweltkatastrophe geriet zur Farce

  • Gábor Kerényi, Budapest
  • Lesedauer: 2 Min.
Es war ein tödliches, existenzvernichtendes Ereignis - doch die offizielle staatliche Veranstaltung am ersten Jahrestag der größten Umweltkatastrophe Ungarns geriet zur Farce.

»Die Rotschlammkatastrophe geschah vor 10 Jahren« - so begann der ungarische Innenminister Sándor Pintér zum größten Erstaunen der Anwesenden seine Rede in Devecser. Kolontár und Devecser sind die beiden Siedlungen, die im Herbst vorigen Jahres vom Rotschlamm am schlimmsten überflutet wurden.

Pintér, einst Polizeichef der ersten Orbán-Regierung und nebenbei Chef eines privaten Sicherheitsdienstes, ist bisher eigentlich nicht durch Demenzerscheinungen aufgefallen. Doch sein Fauxpas war nicht das Einzige, was unter den Versammelten Unbehagen verbreitete. Zur Veranstaltung war stramme Militärmusik bestellt worden, prominente Politiker und ihre Ehefrauen zeigten sich als stolze Zuhörer und Teilnehmer. Und sie verzapften Peinlichkeiten ohne Ende.

Ein Staatssekretär etwa trug im politisch tief gespaltenen Ungarn vor, dass er sich an die Ereignisse selbst nur mehr schnappschusshaft erinnere, es aber ohnedies das Wesentliche sei, dass damals ein Wunder geschah: der nationale Zusammenschluss.

Auch Innenminister Pintér geizte nicht mit weiteren befremdenden, ja provokativen Aussagen. »Wer schnell gibt, gibt doppelt, und die ungarische Regierung gab schnell«, verkündigte er in Devecser, wo die versprochene »Hilfe in kürzester Zeit« viele Menschen ein Jahr nach der Katastrophe noch immer nicht erreicht hat. Zwar wurden einige Dutzend Ersatzhäuser gebaut. Wer aber wegziehen möchte, erhält nur den minimalen Gegenwert für sein Dorfhaus, und die Behörden wollen private Spenden mit den staatlichen Hilfe verrechnen.

Dafür wurde in Devecser aber bereits ein sogenannter Gedenkpark errichtet. Weil für dessen Begrünung noch keine Zeit gefunden wurde, fand Pintér es lustig zu bemerken: »Der Park staubt zwar noch, doch wenigstens ist er nicht rot.« Und zum Schluss bemerkte der Minister: »Unsere Botschaft ist, dass man eine Krise meistern kann. Dazu wünsche ich allen Kraft, Gesundheit und ein glückliches Leben!«

So standen die ansonsten vergessenen Bewohner von Devecser und Kolontár für einige Stunden wieder im Mittelpunkt des Interesses - um wenig später zu ihrem Leben ohne Hoffnung auf Normalität zurückzukehren.

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