Kosten sparen mit ergaunerten Plaketten
Zahl gestohlener Autokennzeichen nimmt zu
Wenn die Hauptuntersuchung beim TÜV näher rückt, aber das Geld für Reparaturen fehlt, kommen manche Autofahrer auf dumme Gedanken. Erwischt werden sie selten, wenn sie Autokennzeichen mit brauchbaren TÜV-Plaketten stehlen.
In der Bundeshauptstadt steigt die Zahl der gestohlenen Autokennzeichen. Viele Diebe haben es auf die TÜV-Plaketten abgesehen, andere benutzen die Schilder, um sich unerkannt und ohne zu bezahlen an Tanksäulen zu bedienen. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres registrierte die Berliner Polizei rund 3300 Diebstähle von Autokennzeichen. Bis Jahresende könnten mehr als die 5300 Fälle zusammenkommen, die für das vergangene Jahr gemeldet wurden. 2009 waren in der Kriminalstatistik noch 4500 Diebstähle vermerkt.
In der Millionenstadt Berlin werden Kennzeichen-Diebe nur selten gefasst. Nach Angaben der Polizei beträgt die Aufklärungsquote bei solchen Delikten etwa vier Prozent. Polizeiexperten verweisen darauf, dass geübte Täter nicht viel Zeit brauchen, um von einem Fahrzeug die Nummernschilder abzuschrauben. Das gehe so schnell, dass die Aktion meistens unbemerkt bleibe.
An den Tankstellen sind Autos, die mit gestohlenen Kennzeichen vorfahren, gefürchtet, auch wenn sie kein neues Phänomen sind. »Benzin wird seit ewiger Zeit geklaut«, sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbands Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche, Sigrid Pook. Wenn der Benzinpreis steigt, würden auch die Benzindiebstähle zunehmen.
Anhand von Videoaufzeichnungen können die Tankstellenbetreiber zwar erkennen, welcher Autofahrer nicht bezahlt hat. Wenn sich dann aber herausstelle, dass der Dieb seinen Wagen mit einem entwendeten Kennzeichen getarnt hatte, bleibe meistens nur übrig, Strafanzeige gegen Unbekannt zu erstatten, sagt die Verbandschefin. In vielen Fällen würden die Verfahren später eingestellt. Dennoch setze der Verband weiterhin auf eine »starke Videopräsenz«, um Benzindiebe abzuschrecken.
Vielen Kennzeichen-Dieben geht es aber nicht ums Tanken, sondern um Prüfplaketten und Zulassungssiegel, erläutert der Sachverständige beim TÜV Rheinland, Hans-Ulrich Sander. Es sei einfacher, gleich das ganze Kennzeichen abzuschrauben und mitzunehmen, als die begehrten Plaketten noch am Fahrzeug sorgsam von dem Blechschild abzulösen.
Aus Sicht von Sander will sich diese Sorte von Dieben mit Hilfe der ergaunerten Plaketten Reparaturkosten sparen. Benötigt werden Plaketten auch, um TÜV-Berichte über Hauptuntersuchungen zu fälschen. Solche Berichte müssen zwar nicht im Auto mitgeführt werden, sie sind aber beim Kauf eines Gebrauchtwagens wichtig. Viele Interessenten wollen sie sehen, bevor sie einen Kaufvertrag unterschreiben. Für falsche Berichte würden echte Prüfplaketten benötigt, die offiziell nicht zu kriegen seien, erläutert Sander. »Am Ende werden damit Autos auf den Markt gebracht, die eigentlich auf den Schrottplatz gehören.«
Natürlich werden wie eh und je auch gestohlene Autos mit entwendeten Kennzeichen versehen, um sie dann ins Ausland zu verschieben. Viel tun können Autofahrer nicht. »Einen umfassenden Schutz gibt es nicht«, heißt es bei der Polizei.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.