Warten. Wozu?
»The Blind« von Lera Auerbach im Konzerthaus Berlin
Warten, was ist das? Jedermann glaubt das Gefühl zu kennen, harrend dem Kommenden entgegenzusehen. Oder jenes Empfinden, vergeblich zu warten: auf die ersehnte Berührung der Geliebten, auf den Zeitungsmann, der seinen Job verlor, auf die Rückkehr der Bienen, verscheucht durch giftige Lüfte, auf den Tod, der trotz Schmerzen nicht eintreten will. Oder einfach auf bessere Zeiten?
Ein Warten kann Menschen zerreißen. Widerfahren zum Beispiel dem großen Seneca, dem Kaiser Nero befiehlt, sich selbst umzubringen. Die Zeit rinnt, und der Angstschweiß hört nicht auf zu fallen, bis der Denker selbst Hand an sich legt.
Uneinlösbar alle Hoffnung auch in Samuel Becketts »Warten auf Godot«. Den Godot gibt es ja nicht wirklich, er ist Geist, ewiges Symbol, die Hyperbel der Vergeblichkeit. Estragon und Wladimir, verlorene Gestalten des Welttheaters, warten sich die Füße in den Bauch und werden darüber fast irre. Aber ihr Elend, ihr irrwitziges ...
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