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Wo der NPD-Chef Hausverbot hat
Bundesgerichtshof verhandelt Revision von Udo Voigt gegen das Hotel Esplanade
Der Rechtsextremist Udo Voigt hätte sich in der Blockhaussauna von der Hetze gegen Ausländer erholen können. Oder er wäre ein paar Bahnen im Soleschwimmbad gekrault. Doch als der NPD-Bundesvorsitzende 2009 für ein paar Tage mit seiner Frau in Bad Saarow ausspannen wollte, gab ihm das Hotel »Esplanade Ressort & Spa« kein Zimmer. Voigts politische Überzeugung sei unvereinbar mit dem Ziel, jedem Gast ein »exzellentes Wohlfühlerlebnis« zu bieten, schrieb das Vier-Sterne-Haus. Voigt bekam Hausverbot.
Seither klagt sich der 59-Jährige durch die Instanzen. Der Rechtsextremist, der diesen Sommer im Berliner Wahlkampf mit dem Slogan »Gas geben« provozierte, fühlt sich diskriminiert. Am Freitag beschäftigt sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Fall. Voigts Anwalt appelliert an die »Toleranz«, die »in einer freiheitlichen Demokratie« von den Bürgern verlangt werde. »Auch an der Anwesenheit von zum Beispiel Schwarzafrikanern, Muslimen, Schwerbehinderten (...) können sich andere Gäste stören. Dies ist hinzunehmen«, heißt es in der Revisionsbegründung.
Der Anwalt des Hotels hingegen argumentiert mit der Vertragsfreiheit: »Wenn ich ein Vier-Sterne-Hotel betreibe, will ich dort nicht jeden haben. Das muss mir die Rechtsordnung zugestehen«, sagt Rechtsanwalt Norbert Gross.
Es war Hoteldirektor Heinz Baumeister, der dem NPD-Chef den geplanten Wellnessurlaub in Bad Saarow vermasselte. Dafür bekam Baumeister den »Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus« der Jüdischen Gemeinde in Berlin. Der 49-Jährige will sich vor dem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht äußern.
In Bad Saarow sei man jedenfalls »stolz« auf Baumeister, sagt Bürgermeisterin Gerlinde Stobrawa (LINKE). »Er hat beispielhaft gehandelt.« Schon weil in den Kurort viele ausländische Gäste kommen, seien Rechtsextremisten »nicht erwünscht«.
Voigt hatte das Hotel in Bad Saarow 2008 schon einmal aufgesucht. Damals tagten dort die Innenminister von Bund und Ländern und diskutierten über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Die NPD versuchte das Treffen zu stören, Voigt - so erzählt eine Hotelsprecherin - setzte sich provokant ins Foyer. »Und auch 2009 quartierte sich Voigt als Parteivorsitzender ein, als politische Botschaft«, meint Dirk Wilking, Geschäftsführer des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung demos. Die Vorinstanzen gaben dem Hotel Esplanade recht. Im April urteilte das Brandenburgische Oberlandesgericht, dass ein Hotelbetreiber einen einzelnen Besucher zwar nicht »willkürlich« ausschließen dürfe. Voigts politische Überzeugung, die dieser als Vorsitzender der NPD »außenwirksam« verkörpere, stelle jedoch einen sachlichen Grund dar.
Sein Amt dürfte Voigt indes die längste Zeit ausgeübt haben. Beim NPD-Bundesparteitag im November will der sächsische Partei- und Fraktionschef Holger Apfel die Führung übernehmen. Apfel gilt als noch radikaler - zusammen mit dem Schweriner NPD-Fraktionschef Udo Pastörs sucht er den Schulterschluss mit neonazistischen Kameradschaften.
Auch künftig könnte es Anlass zu Hausverboten geben. Wie Wilking berichtet, bereitet der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) gerade eine Broschüre vor, wie sich politisch einschlägige Gäste erkennen lassen.
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