Das beste Pferd braucht gutes Futter

Ausbildungspreise verliehen / Ministerpräsident kritisiert Betriebe ohne Lehrlinge

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Viele Unternehmer in Brandenburg halten sich zurück, wenn es darum geht, junge Leute auszubilden. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kritisiert dieses Verhalten. Über die Hälfte der Firmen dürften ausbilden, doch lediglich 23 Prozent tun dies auch, sagte Platzeck gestern bei der Verleihung des diesjährigen Ausbildungspreises in Potsdam.

Mit Blick auf die niedrigen Löhne in der Wirtschaft fügte Platzeck hinzu, als Billiglohnland habe Brandenburg »keinerlei Chance und Zukunft«. Dies nannte Platzeck seine »tiefe Überzeugung«. Ohne ansprechende Löhne und die häufigere Übernahme von Lehrlingen nach der Ausbildung könne es »gefährlich werden«. Gegenwärtig werde nur jeder zweite Lehrling von seinem Betrieb übernommen. Oft gebe es dann auch nur befristete Verträge, sagte der Ministerpräsident. Es sei daher kein Wunder, wenn sich - wie er kürzlich in Schwedt erfahren habe - junge Fachkräfte auf den Weg nach Südwestdeutschland machen mit der Begründung: »Da werden wir genommen, dort gibt es Tariflohn.« Zwar sei es möglich, fortgezogene Brandenburger zurück in die Heimat zu locken. Sie seien bereit, in bestimmten Grenzen Abstriche beim Gehalt hinzunehmen. Doch das habe naturgemäß Grenzen.

Wenigstens konnte Platzeck auch feststellen, dass die Bereitschaft der märkischen Unternehmen steigt, ihre Belegschaft zu qualifizieren. Gegenwärtig machen 47 Prozent der Firmen von Angeboten zur Weiterbildung Gebrauch. Damit liege das Land erstmals über dem deutschen Durchschnitt, stellte Platzeck fest. Es reiche nicht, den Fachkräftemangel zu bejammern, es müsse alles getan werden, »um in die Köpfe zu investieren«. Zu einem guten Betriebsklima gehöre auch, dass »konstruktive Kritik nicht unterdrückt« werde.

Der Präsident des brandenburgischen Handwerkskammertages, Bernd Ebert, ließ Platzecks Kritik so nicht gelten. »Ich stehe zum Tariflohn«, unterstrich Ebert. Doch würden die Unternehmen »zu Unrecht« gerügt. Ein Lohn müsse sich am Markt auch durchsetzen lassen und die Gewinnaussicht für den, der das unternehmerische Risiko trage, dürfe nicht völlig verloren gehen, sagte Ebert. Am Ende nütze es den Gesellen auch nichts, wenn der Betrieb wegen hoher Löhne seinen Gewinn verliere. Richtig sei aber auch: »Mit dem Mindestlohn halte ich nicht mein bestes Pferd im Stall.«

Der brandenburgische Ausbildungspreis, dotiert mit je 1000 Euro, wurde an sechs Unternehmen vergeben. 69 Unternehmen hatten sich beworben. Ministerpräsident Platzeck lobte die Preisträger, dass sie auch solchen Jugendlichen eine Chance gaben, »die den nackten Zahlen auf dem Zeugnis zufolge diese Chance nicht gehabt hätten«.

Sozialminister Günter Baaske (SPD) zeichnete die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Direktion Potsdam und Cottbus für das Ausbilden behinderter Jugendlicher aus. Mit einer Behindertenquote von 8,3 Prozent liege die Anstalt weit über den geforderten 5 Prozent.

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