Viel Kohle im Namen der NPD
Kreditbetrüger gaben sich als Geldgeber der braunen Szene aus
Zum Betrug gehören immer zwei. Einer, der betrügt, und einer, der sich betrügen lässt. Es gibt Leute, die sich mit wahrer Wollust betrügen lassen, weil die Gier größer ist als der Verstand. So auch in diesem Fall. Es ist wie in einem schlechten Märchen. Da treffen sich zwei Männer im Knast und plaudern miteinander. Der eine macht »in Immobilien«, der andere »in Geld«. Wieder in Freiheit, finden sie sich zusammen und beschließen, gemeinsame Sache zu machen. Schnell spricht es sich in der geldgierigen Szene herum, da gibt es eine »Kreditabteilung der NPD«, die über sagenhafte Summen verfügen soll. So trifft man sich. Am 26. Juli 2005 im Sonnenstudio »Sandra«. Keiner der »Kreditnehmer« wird stutzig, dass man sich ausgerechnet in einem Sonnenstudio für den großen Deal zusammenfindet.
Kredite zwischen 750 000 und 900 000 Euro sollen ohne Sicherheiten und Rücklagen ausgeteilt werden. Als Gegenleistung sollen die »Kreditnehmer« so genannte Kreditrisikoversicherungen abschließen. Dafür stellen sie Schecks aus. Zwischen 25 000 und 30 000 Euro. Und reichen sie weiter an die beiden von der »NPD-Kreditabteilung«. In einem Fall ging es sogar um 7,5 Millionen Euro. Dafür seien zwei satte Schecks in Höhe von 56 250 Euro fällig gewesen. Der »Kunde« zahlte brav die 56 250 Euro. Erst als die Millionen nicht flossen, stornierte er die zweite Zahlung. Insgesamt platzt die Sache, da es weder Kredite noch gedeckte Schecks gab. Eine Bank in Salzburg, über die das »Geschäft« abgewickelt werden sollte, spielte nicht mit. Der eine »NPD-Kreditvermittler« landet wieder hinter Gittern, der andere setzt sich ab nach Südafrika. Von dort lässt er mitteilen, dass er jetzt gern an der Gerichtsverhandlung gegen ihn teilnehmen würde, jedoch wegen Bluthochdrucks keine langen Flugreisen antreten kann.
Also wird nur gegen den 56-jährigen Detlef G. wegen gewerbsmäßigen Betrugs verhandelt. Der schiebt alle Schuld auf seinen flugunfähigen Kumpel Marco B. im fernen Südafrika. Der habe alles inszeniert. Er selbst sei eigentlich nur Opfer gewesen, denn auch er habe einen Scheck über eine Million Euro bekommen, der nicht gedeckt war. Mit der NPD habe er nichts am Hut. Und das mit der Million war sowieso ein Versehen. Nur 100 000 Euro wollte er haben für ein Immobiliengeschäft. Dann aber stand eine Million auf dem Scheck und Detlef will das gar nicht bemerkt haben. »Ich habe manchmal meine Lesebrille nicht auf, da kann das schon mal passieren«, plaudert er treuherzig daher. Der Unterschied zwischen 100 000 und einer Null mehr sei ihm nicht aufgefallen, obwohl auf dem ungedeckten Scheck eindeutig »Eine Million« stand.
Ob eine Kreditabteilung der NPD existiert oder damals existiert hat, darüber hat die Staatsanwaltschaft keine Erkenntnisse. Tatsächlich war das die Zeit, als der damalige NPD-Schatzmeister Erwin Kemna, einst ein dicker Freund von NPD-Chef Udo Voigt, sein Unwesen trieb und die eigene Partei nach Strich und Faden betrog. Um sagenhafte 627 000 Euro hatte er den braunen Trupp erleichtert. Dafür wurde Kemna rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt. Möglich, dass er die »Geschäftsidee« mit faulen Krediten und halbseidenen Immobiliendeals an die beiden Knastbrüder weiterleitete.
Ob es im November zur Verurteilung von Detlef kommen wird, das steht noch in den Sternen. Den Zeugen ist es peinlich, dass sie sich auf das Geschäft einließen, Detlef sieht sich als Betrogener, und etwas anderes ist ihm schwer nachzuweisen. Und Marco, der Oberkreditgeber, pflegt seinen Bluthochdruck im fernen Südafrika.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!