Boliviens Präsident erhört den Protest
Evo Morales stoppte Straßenbauprojekt im Amazonasgebiet
»Es wird der Begriff der Unantastbarkeit eingebracht«, erklärte Präsident Evo Morales und verwies das vom Parlament zur Unterschrift vorgelegte »Gesetz zum Schutz von TIPNIS« an den Gesetzgeber zurück. Darin war ursprünglich lediglich ein Baustopp bis zur Abhaltung eines Referendums über das umstrittene Projekt einer Straße durch den Nationalpark vorgesehen. »Die Verfassung gibt mir die Möglichkeit, gegen jedes Gesetz, das vom Parlament kommt, ein Veto einzulegen und es zu verändern«, erläuterte Morales auf einer Pressekonferenz am Freitagabend. Die Trasse, die zwei abgelegene bolivianische Provinzen miteinander verbinden soll, werde das Gebiet des Nationalparks nicht mehr berühren. »Das Thema TIPNIS ist gelöst«, betonte der Präsident, der zugleich Chef der regierenden Bewegung zum Sozialismus (MAS) ist.
Die ursprünglich geplante 300 Kilometer lange Straße hätte das von insgesamt 50 000 Menschen bewohnte Amazonasgebiet in zwei Teile getrennt. Das Projekt weckte bei den Ureinwohnern überdies die Befürchtung, dass ihr Siedlungsgebiet durch Abholzung von Regenwald und massiven Zuzug von Kokabauern eingeengt wird. Eine Volksbefragung über die Trasse lehnten sie ab.
Rund 1500 TIPNIS-Bewohner waren nach einem 65-tägigen Protestmarsch über 650 Kilometer am vergangenen Mittwoch in La Paz eingetroffen und hatten vor dem Präsidentenpalast ihr Lager aufgeschlagen. Noch Ende September waren sie von Polizeieinheiten gegen ihren Willen in Bussen zur Heimreise gezwungen worden. Der Streit drohte seinerzeit zu eskalieren, als die Demonstranten Außenminister David Choquehuanca in ihre Gewalt gebracht hatten.
Fernando Vargas, einer der Organisatoren des Protestmarsches, bezeichnete die jüngste Entscheidung des Präsidenten als »gutes Zeichen«. Morales traf sich am Sonnabend im Präsidentensitz Palacio Quemado erneut mit Vertretern der TIPNIS-Bewohner, um über deren 16-Punkte-Forderungskatalog diskutieren. Sie verlangen unter anderem wirksameren Schutz des Naturparks vor Bergbau und Abholzung sowie vor der Besiedlung durch Kokabauern. Im Gespräch mit dem Präsidenten wurde die Entsendung einer Untersuchungskommission beschlossen. Die Polizei soll die Möglichkeit erhalten, Unbefugte aus dem Gebiet auszuweisen, was auch bereits bestehende Siedlungen von Kokabauern betreffen könnte.
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