Linke Grüne fordern Neuanfang

Appell aus der Partei, Fraktionsvorsitz künftig nach Strömungen paritätisch zu besetzen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei den Berliner Grünen kommt es am heutigen Dienstag zur Kampfabstimmung um die beiden Fraktionsvorsitzenden-Posten. Dabei fordert Canan Bayram, die erst vor zweieinhalb Jahren spektakulär von der SPD zu den Grünen gewechselt war, als Vertreterin der linken Parteiströmung Ramona Pop heraus, die dem Realo-Flügel zuzurechnen ist. Sollte Bayram gegen Pop unterliegen, behält sie sich vor, danach auch noch gegen den Realo Volker Ratzmann anzutreten. Verzichtet Bayram auf diese Kandidatur, würde Dirk Behrendt als Vertreter der Linken seinen Hut gegen Ratzmann in den Ring werfen.

Unterstützung für eine zukünftig paritätische Besetzung des neu zu bildenden Fraktionsvorstandes nach Strömungen kam gestern aus der Grünen-Partei selbst: Dort kursierte ein Appell für einen Neuanfang. Der linke Flügel in der Partei begründet seine Forderung nach einer Vertretung im Fraktionsvorstand unterdessen damit, dass in der neuen Fraktion von 29 Abgeordneten deutlich mehr Linke vertreten sind als früher.

Deshalb sei es nur angemessen, dass die Linken jetzt auch neben den Realos in der Fraktionsspitze repräsentiert werden, sagt Canan Bayram. Sie selbst rechnet sich gute Chancen aus. Zwar sei die Kandidatur keine direkte Kritik an der bisherigen Fraktionsführung. Doch bestehe Unmut über die Verhandlungsführung bei den rot-grünen Koalitionsgesprächen, die am Nein der Grünen zur Verlängerung der A100 gescheitert waren. Volker Ratzmann hatte bei den Gesprächen die Fäden gezogen.

Führende Vertreter des linken Flügels wollen indes von einem angeblichen Sturz der bisherigen Führung nichts wissen. »Wir haben zurzeit gar keine Fraktionsvorsitzenden«, sagt Heidi Kosche. Schließlich habe sich jüngst auf ihrer ersten Zusammenkunft die Fraktion eine neue Satzung gegeben, aufgrund derer sich nun die Gruppe neu konstituiert. Man stehe also bei null. Deshalb gehe es auch um einen Neuanfang und keinen Sturz. Für Kosche, die sich in der letzten Legislatur einen Namen im Bereich Rekommunalisierung der Wasserbetriebe machte, steht fest, dass es jetzt um eine Bestandsauslese gehen muss. »Erbhöfe« sind bei ihr verpönt, qualitative Gründe sollten den Ausschlag bei der Postenvergabe geben. Und wie gute qualitative Arbeit aussieht, konnte man etwa in Kreuzberg sehen, wo die Grünen bei der Wahl auch besonders stark abschnitten, so Kosche.

»Wir sollten uns für die nächsten Jahre inhaltlich und strategisch neu aufstellen«, fordert auch Dirk Behrendt. Dazu gehört es auch, so der Vertreter der linken Strömung, sich personell neu aufzustellen. Nötig sei dies vor allem, weil man in der künftigen Opposition mit der LINKEN und den Piraten zwei tendenziell eher linkere Konkurrenten hat. Da ist die alte Ausrichtung auf die CDU, die Ratzmann und Co. praktizierten, hinfällig.

Ob die linken Grünen mit ihrer Kandidatur durchdringen, wird sich zeigen. Es wird auch davon abhängen, ob es gelingt, über die 41 Prozent der Abgeordneten, die die linke Strömung stellt, weitere Stimmen zu erzielen. Volker Ratzmann sieht dem gelassen entgegen. »Wenn ich nicht damit rechnen würde, gewählt zu werden, würde ich nicht antreten.«

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