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Seitenhiebe und Gelächter

17. Berliner Abgeordnetenhaus traf sich zur konstituierenden Sitzung / Piraten im Fokus

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

Freundliches und spöttisches Gelächter, Seitenhiebe, Kritik und über allem das Wort »auf gute Zusammenarbeit«, zigfach wiederholt: Am Donnerstag traf sich das 17. Berliner Abgeordnetenhaus zu seiner ersten Sitzung. Alterspräsident Uwe Lehmann-Brauns (CDU) eröffnete die konstituierende Sitzung mit einer launigen Rede übers Alter. »Das Alter ist auch nicht mehr das, was es mal war. Es ist jünger und stabiler geworden«, sagte der 73-Jährige.

Auf den alten Plätzen der FDP, rechts von der CDU-Fraktion, sitzen nun die Abgeordneten der Piratenpartei. Erstmals in ihrer fünfjährigen Geschichte sind die Piraten in ein deutsches Landesparlament eingezogen. Der Wille zur politischen Mitarbeit könne ganz schnell zur parlamentarischen Mitbestimmung führen, sagte Lehmann-Brauns in seinen Willkommensworten an die Neulinge im Abgeordnetenhaus. Die FDP hatte mit 1,8 Prozent der Stimmen den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus verpasst. Die Wahlsiegerin SPD stellt mit 47 Abgeordneten die stärkste Fraktion. Dann folgen die CDU mit 39 Sitzen, die Grünen mit 29, die LINKE mit 19 und die Piratenpartei mit 15 Mandaten.

Als neuen Parlamentspräsidenten wählten die Volksvertreter den SPD-Abgeordneten Ralf Wieland. Für den 54-Jährigen, der als einziger Kandidat antrat und traditionell von der stärksten Fraktion kommt, stimmten 129 Abgeordnete, elf votierten gegen ihn, neun enthielten sich. Er warte mit Spannung auf die Arbeit der Piraten. »Auf politische Inhalte gibt es kein Urheberrecht.« Insofern sollten alle offen sein, »vorurteilsfrei voneinander zu lernen.« Wieland folgt Walter Momper (SPD) nach, der nach mehr als 30-jähriger Parlamentszugehörigkeit nicht mehr kandidiert hatte. Momper verfolgte die Sitzung von der Zuschauertribüne aus. Zu Vizepräsidenten wurden der CDU-Rechtsexperte Andreas Gram und die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Anja Schillhaneck, gewählt.

Noch vor der Wahl zum Präsidenten gab es einen kurzen Schlagabtausch zu einem von den Piraten eingereichten Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung. Auch andere Oppositionsfraktionen beantragten Änderungen. Die Piraten seien der Meinung, die derzeitige Geschäftsordnung würde eine vernünftige Arbeit nicht ermöglichen, sagte Fabio Reinhardt. Er kritisierte zudem, dass die kleineren Fraktionen gegenüber den größeren benachteiligt werden. Außerdem forderten die Piraten die Wahl von vier statt bisher zwei Vizepräsidenten. Nach der jetzigen Regelung werden die LINKE und die Piraten benachteiligt, so Reinhardt. Für eine entsprechende Änderung wäre allerdings eine Änderung der Berliner Verfassung notwendig. Die anderen Fraktionen sagten den Neulingen eine wohlwollende Prüfung in den Ausschüssen zu.

Bei den anschließenden Abstimmungen sorgten die Piraten für Verwirrung und Gelächter, als sie über die Anträge zur Geschäftsordnung, selbst die eigenen, unterschiedlich abstimmten. Linksparteichef Klaus Lederer nahm es amüsiert zur Kenntnis. So etwas wie Fraktionsdisziplin, bei den anderen Fraktionen streng kontrolliert, gebe es bei den Piraten nicht, erläuterte Piratenfraktionschef Andreas Baum.

Presse- und Besuchertribune waren voll wie selten. Pirat Gerwald Claus-Brunner zog in orangefarbener Latzhose wie immer die Aufmerksamkeit der Kameras auf sich. Seine Fraktionskollegen fielen hingegen in Sachen Kleidungsstil nicht weiter auf. Stattdessen wurde die höhere Dichte an Handys und Laptops aufs genaueste dokumentiert und die Online-Kommentierungen der Piraten wurde eifrig mitverfolgt, ein gerufenes »Ahoi!« im Plenum mit reflexhaften Lachern quittiert.

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