»Akademiker mit Arbeiterhintergrund« koordinieren sich gegen soziale Diskriminierung
Rudolf Stumberger
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Die Erkenntnisse der PISA-Studien waren nicht unbedingt neu, eher eine Bestätigung: In Deutschland spielt die soziale Herkunft bei den Bildungschancen eine große Rolle. Im Vergleich zu anderen Ländern war der Anteil von Arbeiterkindern an den Universitäten immer schon gering, stieg in den 1970er Jahren etwas an und stagniert heute erneut. Neu ist, dass die Betroffenen nun erstmals ihre Diskriminierungserfahrungen an den Hochschulen thematisieren.
Ein Hörsaal, Katholische Universität Eichstätt, Mitte der 1990er Jahre. Vorne am Pult steht Professor Jan Tonnemacher, er unterrichtet »Journalistik«. Heute geht es um die Soziologie der Massenmedien, also auch um soziale Klassen und Schichten. Darüber entwickelt sich eine kleine Debatte. Irgendwann sagt der Professor wie selbstverständlich: »Wir stammen doch hier alle aus der Mittelschicht, oder?« Niemand steht auf und widerspricht: »Nein, das stimmt nicht. Ich komme aus einem Arbeiterhaushalt.« Es bleibt ruhig im Hörsaal. Das »oder?« wirkt wie eine kleine soziale Maschinengewehrgarbe. Danach rührt sich keiner mehr.
Isoliert zwischen den sozialen Klassen
Little Rock, Arkansas, USA, Juni 2010. Die Temperaturen klettern schon mal auf über 35 Grad Celsius. Im »Flying Fish« an der President-Clinton-Avenue werden an diesem Samstagmittag frittierte Fische serviert, während aus den Lautsprechern der Blues dringt - der Mississippi ist nu...