Ein Bundesland wird zersiedelt

Bauern beklagen Verlust landwirtschaftlicher Nutzfläche

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Zwar leben in Brandenburg immer weniger Menschen, doch machen die sich so breit wie nie. Die Zersiedlung des Landes geht seit der Wende in großen Schritten voran. Um über 40 000 Hektar hat die bebaute Wohnfläche zugenommen, erklärte Umweltministerin Anita Tack (LINKE). Die bebaute Wohnfläche betrug vor drei Jahren 161 200 Hektar und damit ein Drittel mehr als 1990.

Auch die Verkehrsflächen haben sich laut Tack seit Anfang der 1990er Jahre vergrößert - von 97 200 auf 106 250 Hektar. Aus diesen Gründen gingen in der gleichen Zeit rund 27 500 Hektar der einst 1,48 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren. Doch habe sich die Waldfläche gleichzeitig um 21 500 Hektar beziehungsweise 2,1 Prozent vergrößert, erläuterte Tack.

Landesbauernpräsident Udo Folgart erklärt, dass der Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen in Deutschland mit 107 Hektar pro Tag »ungewöhnlich hoch« sei. Brandenburg habe mit einer täglichen Zunahme seiner Siedlungs- und Verkehrsflächen von 8,7 Hektar daran einen »erheblichen Anteil«. Die Bundesrepublik habe sich das Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Zwar schreibt das Naturschutzgesetz vor, dass es für die Versiegelung von Flächen Ausgleichsnahmen geben muss. Doch werden diese Maßnahmen »fast ausschließlich auf den immer knapper werdenden und für die Nahrungsmittel- und Rohstoffbereitstellung notwendigen landwirtschaftlichen Flächen durchgeführt«, so Folgart.

Die Ministerin räumte ein, dass im Bundesland laufend Ackerland aufgeforstet wird, um Ersatz für Rodungen an anderer Stelle zu schaffen. Seit 1995 wurden demnach 1547 Hektar Acker aufgeforstet, weil anderswo Wald zugunsten von Siedlungen oder Straßen verschwand. Die Ministerin wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen nicht gegen den Willen des Eigentümers stattfinden könne, sondern nur mit seiner Zustimmung.

Tack erinnerte an den gemeinsamen Entwicklungsplan von Berlin und Brandenburg aus dem Jahr 2009, der die weitere Besiedlung »möglichst in vorhandene Siedlungsgebiete lenken« wolle. Freiräume sollen nach Möglichkeit erhalten und vor neuen Zerschneidungen bewahrt werden.

Unterstützt wurde der bisherige Trend der Landnahme auch dadurch, dass lange viele Flächen im Land brach gelegen hatten. 2006 wurden im Bundesland 1,33 Millionen Hektar bearbeitet. Im Jahr vor der Wende wurden noch 1,42 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt. Rund 7,8 Prozent der brandenburgischen Nutzfläche hatten Mitte des Jahrzehnts brach gelegen. Erst später war - bedingt durch günstige Preise bei nachwachsenden Rohstoffen - ein Teil der Brachflächen wieder bearbeitet worden. Etwa eine Million Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche gelten in Brandenburg als »naturbedingt benachteiligt«. Bekanntlich sind die oft sandigen Böden hier nicht besonders fruchtbar.

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