Handelsverband kritisiert Rot-Schwarz
Große Koalition erwägt, am Sonntag die Ladenöffnungszeiten am Hauptbahnhof auszuweiten
(dpa). Um die Ladenöffnung im Hauptbahnhof am Sonntag ist in Berlin eine neue Debatte entbrannt. Der Handelsverband Berlin-Brandenburg sprach sich am Montag gegen die Öffnung weiterer Geschäfte aus. »Das Schaufenster einer Stadt ist nicht der Hauptbahnhof, sondern das sind die Einkaufsstraßen«, sagte Verbandschef Nils Busch-Petersen. Er fürchtet um die Umsätze zahlreicher Kaufleute, wenn die Berliner ihren Alltagsbedarf am Sonntag auch in dem Bahnhof decken können.
Frank Steffel, Verhandlungsführer der Union für den Bereich Wirtschaft, bestätigte Medienberichte, nach denen in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD eine Ausnahme für Geschäfte an dem Bahnknotenpunkt diskutiert werde. Entschieden werde an diesem Donnerstag, an dem sich die Verhandlungsdelegationen zur Aussprache für den Bereich Wirtschaft verabredet haben.
Zurzeit dürfen nur Geschäfte mit Reisebedarf wie Getränke, Zeitschriften und Bücher am Sonntag öffnen. Waren des täglichen Bedarfs wie Kleidung, Medikamente und Kosmetik gibt es nur montags bis samstags. In dem Bahnhof gibt es rund 50 Geschäfte, außerdem zahlreiche Imbisse, Bäckerei-Filialen und Restaurants.
»Ein Großteil der Läden ist sonntags ganz normal offen«, sagte Busch-Petersen. »Es bleiben 30, die gerne mehr hätten. Mir geht es aber um 21 000 Geschäfte in der ganzen Stadt.« Touristen kauften nicht am Bahnhof ein, dafür aber die Berliner. Busch-Petersen vermutet, dass die Bahn dezent Druck ausübt. »Sie als Vermieter hat den Händlern sieben Verkaufstage versprochen.«
Anfangs öffneten auch alle Läden in dem 2006 eröffneten Glaspalast - bis es Beschwerden gegen den Gesetzesverstoß gab und die Behörden einschritten. Seit vergangenem Jahr gibt es in Berlin ein neues Ladenöffnungsgesetz, nach dem das Bundesverfassungsgericht die Sonntagsöffnungen im Advent eingeschränkt hatte. Eine Ausnahme für den Hauptbahnhof erteilte die rot-rote Regierungskoalition nicht.
Ob die Läden bald wieder öffnen, ist noch unklar. Der Vorschlag kommt von einer rot-schwarzen Arbeitsgruppe. Steffel sagte: »Es gibt dagegen aber nicht unerhebliche Bedenken bei mir und (SPD-Chef) Michael Müller.« Zu berücksichtigen seien Bedenken und möglicher Widerstand vieler Beteiligter: der Gewerkschaft ver.di, der Kirchen und des Handelsverbands.
Dessen Hauptgeschäftsführer Busch-Petersen hält dann auch neue Klagen für möglich, wenn das Gesetz in diesem Punkt wieder aufgeschnürt werde. »Ich habe nichts gegen eine Analyse des Gesetzes im Ganzen im Laufe der Legislatur, aber man sollte nichts übers Knie brechen.«
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