Superkonzerne beherrschen Weltwirtschaft
Schweizer Studie ermittelt Machtkonzentration
Was sich einst bei Karl Marx etwas sperrig »Kapitalzentralisation« nannte und in den vergangenen Jahrzehnten von der gängigen Ökonomie als Spinnerei einer gescheiterten sozialistischen Wirtschaftslehre abgetan wurde, bekommt durch eine neue Studie von drei Wissenschaftlern der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich auf interessante Weise Rückendeckung. Die von den drei Wissenschaftlern Stefania Vitali, James Glattfelder und Stefano Battiston durchgeführte Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Weltwirtschaft mittlerweile von nur noch 147 Konzernen beherrscht wird. Unter den führenden Unternehmen finden sich zu dreiviertel Banken und Fondgesellschaften wieder, heißt es in der Studie mit dem Titel »Das Netzwerk der globalen Unternehmenskontrolle«.
»Super-Einheit« herausgefiltert
Für ihre Analyse griff das Forscherteam auf eine aus dem Jahr 2007 stammende Datenbank mit mehr als 37 Millionen verzeichneten Investoren und Unternehmen zurück. Aus diesem kaum zu überschaubaren Verzeichnis filterten sie in einem ersten Schritt zunächst 43 000 international tätige Firmen heraus und betrachteten, inwieweit diese eigenständig tätig sind oder ob die Unternehmen über Beteiligungen oder Kooperationen von anderen kontrolliert würden. Die Wissenschaftler fanden dabei 1318 Konzerne, welche mit mindestens zwei, aber im Durchschnitt mit 20 anderen Unternehmen verflochten sind. Doch auch innerhalb dieser schon recht überschaubaren Anzahl von Konzernen fanden die Wissenschaftler eine kleine Gruppe, die sie in ihrer Arbeit als »Super-Einheit« bezeichnen und gerade einmal noch 147 Unternehmen umfasst. Dieser exklusive Klub, welcher nicht einmal mehr ein Prozent aller Firmen umfasst, hat es in sich, kontrolliert er doch allein rund 40 Prozent der untersuchten 43 000 Unternehmen. Die zur »Super-Einheit« gehörenden Konzerne lassen sich dabei wiederum von außerhalb kaum in die Karten schauen. Sie befinden sich mehrheitlich untereinander in wechselseitigen Besitzverhältnissen. Unter den 50 mächtigsten Konzernen dominieren vorwiegend Unternehmensgruppen aus der Finanz- und Investmentbranche.
Fall kann Kettenreaktion auslösen
Auf Platz eins steht etwa die britische Bank Barclays, gefolgt von der US-Investmentgesellschaft »The Capital Group Companies«. Die Deutsche Bank rangiert auf Platz zwölf. Zwar räumen die Forscher in ihrer Betrachtung ein, dass sich die Machtverhältnisse in den vergangenen vier Jahren bereits wieder zum Teil verschoben hätten, doch im Kern bleibt ihre Grundaussage bis heute aktuell.
Problematisch werde solch eine Verflechtung besonders großer Konzerne untereinander dann, wenn einer von ihnen in Schwierigkeiten gerät. Dann beginnt sich das gesamte System zu destabilisieren, wie James Glattfelder gegenüber dem Wissenschaftsmagazin »New Scientist« erklärt. Was dann passiert, konnte die Welt 2008 mit der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers erleben, die eine Kettenreaktion in der Finanzbranche zur Folge hatte.
Auch aus einem anderen Grund sei diese Machtkonzentration kritisch zu sehen, erklärte Glattfelder in der »Frankfurter Rundschau«. »Nationale Beteiligungsanalysen haben gezeigt, dass kleine, hochvernetzte Gruppen schlecht für den Wettbewerb sind«, so der Wissenschaftler.
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