Wie heißt das Wort nur auf Deutsch?

Eine richtig gute Sprachschule zu finden, ist gar nicht so leicht – ein Selbstversuch in Portsmouth mit Happy End

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 8 Min.
Zeugnisübergabe (u.) - alle blicken jetzt besser durch.
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Faulheit rächt sich irgendwann. Oder war es Ignoranz? Egal, jedenfalls konnte ich Englisch in der Schulzeit rein gar nichts abgewinnen. Auch, wenn sich meine Lehrerin, Mrs. Worght, eine echte englische Lady, alle Mühe gab, mich für ihre Muttersprache zu begeistern. »Sie werden es bereuen«, prophezeite sie mir, als sich unsere Wege für immer trennten.

Wie sehr sie recht hatte, merkte ich erst drei Jahrzehnte später, als mich berufliche Wege häufig in die weite Welt führten, und ich dort oftmals einfach sprachlos war. Also beschloss ich, das Versäumte nachzuholen. Eine Abendschule nach dem Job kam aus unterschiedlichen Gründen nicht infrage. Wenn schon, dann richtig, sagte ich mir, was hieß: Englisch lernen in England. Mit allen Konsequenzen: Intensivunterricht, wohnen in einer Familie und in einem Ort, wo man nicht an jeder Ecke Deutsch hört und spricht.

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Anfang des Jahres beantragte ich im Betrieb Bildungsurlaub, auf den Berufstätige in fast allen Bundesländern zusätzlich zum Erholungsurlaub einen Rechtsanspruch haben. Er beträgt jährlich fünf Wochentage mit der Möglichkeit, zwei Jahre zusammenzulegen. Damit aber hatte ich mich gleichzeitig auf eine spezielle Unterrichtsform festgelegt. Denn laut Gesetz müssen als Bildungsurlaub anerkannte Sprachkurse mindestens 30 Unterrichtsstunden pro Woche betragen. Das allerdings kam mir sehr entgegen, denn ich wollte es ja so intensiv wie möglich.

Durch ein wenig herumgoogeln fand ich heraus, dass es auch finanzielle Unterstützungen für Weiterbildungen gibt. Auf Bundesebene die »Bildungsprämie« oder einen »Bildungsscheck«, den das Land Brandenburg beispielsweise zusätzlich anbietet. Beide sind an Bedingungen geknüpft, und beide bewilligen maximal 500 Euro Förderung auf die Kurskosten. Genutzt werden darf jedoch immer nur einer. Ich beantragte die landeseigenen Förderung und bekam auch relativ schnell eine Zusage. Leider erwies sich der »Bildungsscheck« später als so bürokratisch in der Umsetzung, dass ich auf letztlich schweren Herzens auf die mögliche Förderung von 70 Prozent verzichtete.

Als schwierig erwies es sich, die richtige Schule zu finden. Sprachschulen gibt es wie Sand am Meer, doch nicht alle halten, was sie selbst versprechen. Am besten wendet man sich deshalb an einen Spezialveranstalter. Doch Vorsicht, auch da tummeln sich viele schwarze Schafe! Ein Wochenende lang wühlte ich mich durchs Internet, fand jede Menge sich selbst lobende Darstellungen der Veranstalter. Am Ende war ich auch nicht viel klüger als zuvor. Ein etwas realistischeres Bild gaben da schon Internetbewertungsportale ab, auf denen viele gute wie schlechte Erfahrungsberichte zu Schulen und Veranstaltern zu finden sind. Auch Zertifizierungen durch den Fachverband Deutscher Sprachreiseveranstalter und weitere Auszeichnungen können Qualitätshinweise sein.

Zuletzt blieb eine Handvoll Sprachreiseveranstalter übrig. Entschieden habe ich mich für das Schweizer Unternehmen ESL, das zweimal in Folge mit einer internationalen Auszeichnung für die beste Sprachagentur Europas geehrt wurde und in Berlin eine Außenstelle hat. In einem langen Beratungsgespräch vor Ort suchten wir die für mich richtige Schule - sie sollte neben bestem Unterricht in kleinen Klassen und gut ausgewählten Gastfamilien ihre Hauptklientel nicht vorrangig in Pubertierenden sehen.

Bei der Portsmouther Language Specialists International (LSI) wurden wir fündig. Sie gilt als eine der besten Sprachschulen Englands, hat maximal 250 Studenten, deren Mindestalter 18, der Durchschnitt 23 ist. Nicht wenige sind älter als 40. Wie ich später von Schulmanagerin Emma Hoyle erfuhr, waren dieses Jahr sogar zwei 74-jährige Norwegerinnen - »two very tough Ladies« - unter den Studenten. Nach dem Unterricht bietet LSI auch jede Menge Ausflüge sowie Sport- und Kulturveranstaltungen an. Vielleicht ist alles zusammen der Grund, dass es so viele Wiederholer gibt. Ein Tscheche, so Emma, habe schon elf Kurse belegt.

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Sicher ging es ihm beim ersten Mal ebenso wie mir: Trotz großer Vorfreude und Erwartungen war mir ziemlich mulmig in der Magengegend, als es Anfang September losging. Meine Gastfamilie, der ich die Ankunftszeit mitgeteilt hatte, erwartete mich am Busbahnhof in Portsmouth. Doch welch ein Schock: Außer »Hello« und ihre Vornamen Mary und Arthur verstand ich nichts. Was beide nicht daran hinderte, munter weiter zu plaudern. Na gute Nacht, das kann was werden, dachte ich. Mit spärlichem Vokabelwissen, noch bescheideneren Grammatikkenntnissen, Wörterbuch und sehr, sehr viel Einsatz von Händen und Füßen versuchte ich, mich mit ihnen zu unterhalten. Was blieb mir auch anderes übrig, beide kannten kein einziges deutsches Wort. Nach ein paar Tagen hatte ich mich einigermaßen in ihren Südküstendialekt reingehört, und schon bald fühlte ich mich bei Arthur und Mary zu Hause. Bis aufs englische Essen, mit dem ich mich bis zum Schluss nicht anfreunden konnte.

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Die Nacht vor dem ersten Schultag schlief ich schlecht, und beim obligatorischen mündlichen und schriftlichen Einstufungstest war ich nervös wie bei einer wichtigen Prüfung. Dabei ging es doch nur darum, meinen Leistungsstand möglichst genau herauszufinden, um mich dem richtigen Kurs zuordnen zu können. Erstaunlicherweise erreichte ich im Test eine gute Mittelstufe.

Der tägliche Unterricht war zweigeteilt: Bis zum Mittag stand Grammatik auf dem Lehrplan, am Nachmittag Konversation. Maximal zwölf Schüler sind in einer Klasse. Wir waren zehn, aus ebenso vielen Ländern: Neben mir Tuba aus der Schweiz, Cattoon aus Thailand, Claudio aus Italien, Paolo aus Brasilien, Jessica aus Spanien, Jonas aus Oman, Diana aus Kolumbien, Abdullah aus Katar und Maria aus Russland. Die einzige gemeinsame Sprache war Englisch. Jeden Tag fiel sie uns ein bisschen leichter. Vokabeln lernten sich wie nebenbei. Einmal ging es um Autos. Georgina, unsere Nachmittagslehrerin sagte, dass man in England zwischen zwei- und viertürigen Fahrzeugen unterscheidet. Das war für Paolo ganz und gar nicht logisch. Mit brasilianischem Temperament wollte der Autofan erklären, dass die Heckklappe doch auch eine Tür sei. Nur das Wort dafür fiel ihm nicht ein. »Hatchback«, half Georgina. Möglicherweise werde ich dieses Wort nie wieder brauchen, aber genau so wenig werde ich es jemals wieder vergessen.

Der Nachmittagsunterricht war auch bestens dazu geeignet, uns gegenseitig besser kennenzulernen und somit vieles über Sitten und Gebräuche in anderen Ländern, über Lebensanschauungen und Religionen. Als Abdullah eines Tages mit der größten Selbstverständlichkeit sein iPhone zückte, um uns »my house, my car, my boat« zu zeigen, war er ganz erstaunt darüber, dass einige das als Protzerei interpretierten. In Katar gehöre es zum Selbstverständnis, über seinen Reichtum zu sprechen, erfuhren wir. Aber auch, dass Thailänder, wie uns Cattoon erklärte, niemals über Geld oder gar Reichtum reden würden. Dafür erzählte er, der im »normalen« Leben zur Sicherheitstruppe der thailändischen Prinzessin gehört, gern über »my princess« und wohin er sie schon bald, wenn er seinen Kurs beendet hat, begleiten werde. Als in einer Stunde Georgina wissen wollte, was jeder über touristischen Sehenswürdigkeiten der Heimatländer der anderen weiß, schlug meine große Stunde. Weil: Mehr als Oktoberfest und Neuschwanstein fiel keinem ein. Hätte mir einer noch zwei Wochen vorher gesagt, dass ich auf Englisch einen längeren Vortrag über die Schönheiten Deutschlands und - die Bayern mögen mir verzeigen - insbesondere Brandenburgs halten würde, ich hätte ihn für verrückt erklärt.

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Die Zeit verging leider viel zu schnell, längst waren alle Sprachhemmungen über Bord geworfen, zwei Wochen sprach ich fast ausschließlich Englisch, zunehmend weniger mit Händen und Füßen: im Unterricht, beim Einkauf, in der Gastfamilie, mit Fremden auf der Straße, bei Ausflügen. Selbst untereinander vermieden wir wenigen Deutschsprachigen zumeist die eigene Muttersprache. Mit Ausnahme des letzten Abends, als Tuba aus der Schweiz und ich noch einmal in einem Pub zusammensaßen. Mitten im Gespräch verstummte ich - fiel mir doch ein Wort partout nicht mehr auf Deutsch ein. Was zwei kurze aber intensive Wochen doch bewirken konnten!

Mrs. Worght würde sicher stolz sein auf mich, ging es mir auf dem Heimflug durch den Kopf. Bis zum fließenden Sprechen wird›s noch eine ganze Weile dauern, aber ein Anfang ist endlich gemacht.

NÜTZLICHE TIPPS

Wie viele Sprachreiseveranstalter gibt es in Deutschland, und woher weiß ich, ob sie seriös arbeiten?
Es gibt rund 150, laut Verbraucherzentrale sind nur etwa ein Drittel zu empfehlen. Infos unter www.verbraucherzentrale.de

Wo kann man sich noch informieren?
Beim Fachverband Deutscher Sprachreise Veranstalter: www.fdsv.de oder bei
Bewertungsportalen z. B.: www.sprachreisen-bewertung.de oder www.sprachreisenvergleich.de.

Was ist Bildungsurlaub, gibt es den für alle Sprachreisen?
Bildungsurlaub gibt‹s in fast allen Bundesländern, doch nicht überall kann man ihn für Sprachreisen ins Ausland einsetzen. www.bildungsurlaub.de

Wie beantrage ich Zuschüsse?
Bildungsprämie unter www.bildungsprämie.de
Ob Bundesländer Bildungsschecks geben, erfährt man über die Arbeitsministerien. In Brandenburg kann man ihn unter www.lasa-brandenburg.debeantragen.


Sprachschule Portsmouth: LSI, 1-13 Lord Montgomery Way Portsmouth PO1 2AH, E-Mail: contact@lsi-international.co.uk, www.lsi-international.co.uk

Claudio, Paolo und Tuba (v.l.n.r.) im Gespräch mit Georgina.
Claudio, Paolo und Tuba (v.l.n.r.) im Gespräch mit Georgina.
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