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Ciao Nils, Hallo Bert

Mit dem diesjährigen JazzFest verlässt Nils Landgren die Stadt und Bert Noglik kommt aus Leipzig

  • Dago Langhans
  • Lesedauer: 3 Min.

Der fünftägige Musik-Marathon des Berliner JazzFestes 2011 mit 37 Bands an fünf Auftrittsorten mit über 200 Akteuren ist vorbei. Ein wesentlicher Schwerpunkt des Musikfestes, getragen von der Berliner Festspiele GmbH, war dem 1969 verstorbenen polnischen Jazz-Komponisten Krzysztof Komeda gewidmet. Als Begleitung zu der umfangreichen Ausstellung »Polen - Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte« im Gropius-Bau, war es naheliegend, während des JazzFestes nicht nur die Filmdokumentation »Komeda - A Soundtrack for a Life« von Claudia Buthenhoff-Duffy zu präsentieren, sondern auch Jazzkünstler aus dem Nachbarland einzuladen.

Komeda ist hierzulande eher bekannt als Schöpfer zahlreicher Filmmusiken für den polnischen Regisseur Roman Polanski, etwa bei »Tanz der Vampire« und »Rosemary's Baby«. Bis heute wird der Komponist von unseren Nachbarn durchaus in einem Zuge genannt mit ihrem musikalischen Genius Frederic Chopin. Verständlich, dass sich nicht nur polnische Künstler wie der Trompeter Tomasz Stanko, der Saxofonist Adam Pieronczyk gemeinsam mit ihren Bands oder der Pianist Leszek Mozdzer im Solo bei ihren Auftritten auf Komeda bezogen. Das grandiose junge deutsche Trio des Piano-Virtuosen Michael Wolny, der Bassistin Eva Kruse und des Trommlers Eric Schaeffer improvisierte so in einem Stück das Zentralthema von »Rosemary's Baby«. Was diese Dreierbande aus zunächst fein gesponnenen Klangcollagen in mitreißenden Rhythmusdruck verwandelt hat, gehört zu den musikalischen Glanzlichtern des Novembers in Berlin.

Auch in diesem Jahr ist es dem scheidenden künstlerischen Festivalleiter Nils Landgren gelungen, eine gut durchwachsene Mischung von jungen Künstlern und Altstars auf die Bühne zu bringen. Während bei den Konzerten von Richard Galliano, Joe Sample, Charles Lloyd mit Maria Farantouri und Carla Bley mit Steve Swallow bekannte Jazz-Größen gefeiert wurden, wurde zudem neue Jazz-Musik geboten, unter anderem von dem Andromeda Mega Express Orchestra und dem norwegischen Trio PELbO.

Nimmt man den Applaus als Maßstab für ungetrübte Begeisterung, so war diese bei »Erwin mit der Tröte«, aufgeführt von der NDR Big Band, mit am größten. »Empfohlen ab 6 Jahren«, lautete der Hinweis im Programmheft auf eine gelungene Nachmittagsveranstaltung, bei der unter der Leitung von Jörg Achim Keller eine Kindergeschichte des verstorbenen Jazzgitarristen Volker Kriegel zum Besten gegeben wurde. Auch wenn das Büchlein leider nicht mehr im Handel erhältlich ist, die Lektüre vom musizierenden Nasenbären »Erwin mit der Tröte« muss den Dirigenten und Komponisten der NDR Big Band Rainer Tempel inspiriert haben, die Geschichte für unsere Kurzen aufzubereiten. Geholfen hat der Band Jörg Kleemann vom Maxim Gorki Theater als Erzähler ausgesuchter Passagen.

»Wir sind eine aussterbende Musikform und das wollen wir vermeiden«, erklärte Nils Landgren im Radiointerview zum Abschluss des Festivals am Sonntag. Ganz nach der Devise des Nasenbären Erwin - »Tröten richtig schön tröten!« -, griff er sich seine rote Yamaha-Tröte, um sich ins Charlottenburger Quasimodo aufzumachen. An der Seite von Big Sam Williams aus New Orleans beteiligte sich Landgren dort erwartungsgemäß an der dampfenden Abschlussparty.

Trotz seines Abschieds vom JazzFest geht er Berlin nicht verloren. Anfang Februar steht er im Rahmen der 20-Jahres-Feier des Jazz-Labels ACT im Kammermusiksaal mit anderen Soundartisten wieder auf der Bühne.

Landgrens Nachfolger Bert Noglik aus Leipzig wird als gestandener Musikwissenschaftler und langjähriger Leiter des Jazzfestes Leipzig Experimentierfreude und Offenheit mitbringen. Er hat beispielsweise in seiner Heimatstadt während des Bachfestes den Jazzpianisten Joachim Kühn mit dem Thomaner-Chor zum Projekt BACH NOW zusammengebracht. Nogliks nachhaltige Verbindungen zur Jazz-Szene Osteuropas - und hier insbesondere zu Musikern aus dem Nachbarland Polen - werden im nächsten Jahr bestimmt für einige Überraschungen sorgen.

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