Sie waren nah, allzu nahe dran
Fotochronisten des Spanienkrieges: Robert Capa und Gerda Taro
Auch Robert Capa und Gerda Taro gingen vor 75 Jahren nach Spanien. Die ersten dort von Taro, geboren 1910 als Gerta Pohorylle in Stuttgart, gemachten Aufnahmen zeigen Milizangehörige, Frauen beim Waffentraining und spielende Kinder. Im Herbst 1936 schießt Capa an der Front im Süden sein berühmtestes Foto: »Der Fallende Milizionär«. Es wurde zu einer Ikone. Mit ihm setzte sich zudem das Autorenprinzip auch in der journalistischen Fotografie durch.
Im Spanienkrieg nutzten beide Seiten von Beginn an die Presse, auch die internationalen Illustrierten-Magazine, um der Weltöffentlichkeit ihre Version des Krieges zu präsentieren. Gezielt brachten sie das dokumentarische Foto als publizistische Waffe zum Einsatz. Die Nähe zum kämpfenden Soldaten wurde als parteiische Anteilnahme verstanden, und so nahmen auch Taro und Capa am Geschehen an vorderster Front teil. Es war die Geburtsstunde der sogenannten »Combat-Fotografie«.
Aufnahmen, die im Kugelhagel des Feindes entstanden, bürgten für Authentizität. Capas Moto »Wenn dein Bild nicht gut genug ist, warst du nicht nahe genug dran« wurde zum Maßstab für für alle folgenden Generationen von Kriegsberichterstattern. Gerda Taro war sehr »nahe dran«. In ein Schützenloch gekauert, fotografierte sie am 25. Juli 1937 deutsche Flugzeuge, die republikanische Truppen an der Brunete-Front angriffen. Im Bombenhagel der deutschen »Legion Condor« schoss die Tochter eines aus Galizien stammenden jüdischen Kaufmanns, die im März 1933 von den Nazis kurzzeitig inhaftiert war, mit hochgehaltener Kamera ein Bild nach dem anderen, gleichzeitig feuerte sie die republikanischen Soldaten an, ihre Reihen wieder zu schließen. Es gelangen atemberaubende Bilder. Stunden später wurde »la pequeña rubita« - »der kleine Blondschopf«, wie sie von ihre spanischen Kameraden liebevoll genannt wurde - versehentlich von einem republikanischen Panzer überrollt. Am folgenden Tag erlag Gerda Taro in einem Hospital bei Madrid ihren Verletzungen.
Tausende Menschen gaben ihr das letzte Geleit, als sie am 1. August 1937 auf dem Friedhof Père-Lachaise in Paris beigesetzt wurde. Pablo Neruda und Louis Aragon führten den Trauerzug an, Repräsentanten der französischen Volksfront folgten dem Sarg, vereint in kollektiver Trauer um eine Märtyrerin, die ihr Leben für die Freiheit Spaniens geopfert hatte. Eine Kameradin, »gleich der Rose«, besang der Dichter Luis Pérez Infante die mutige deutsche Antifaschistin. Ihre Ruhestätte, mit einem von Alberto Giacometti gestalteten Grabmal, wurde zum Wallfahrtsort für die sozialistische Bewegung und Symbol für den Kampf gegen den Faschismus.
Ihr Tod machte die gerade 27-Jährige unsterblich - eine Jeanne d'Arc der spanischen Volksfront. Dennoch stand ihr fotografisches Werk jahrelang im Schatten ihres Kollegen und Lebensgefährten Capa. Die Entdeckung bislang unveröffentlichter Aufnahmen von Capa, Taro und David »Chim« Seymour aus dem Spanischen Bürgerkrieg konnten Taros Lebenswerk dem Vergessen entreißen. Mehr als 4000 Negative waren 2008 im Nachlass eines Diplomaten in Mexiko gefunden worden.
Taros Lebensgefährte Capa gründete 1947 mit Seymour sowie Henri Cartier-Bresson und George Rodger die Foto- und Fotografenagentur Magnum. Er lieferte weiterhin spektakuläre Fotos aus allen Kriegs- und Krisengebieten der Welt. 1948 begleitet er mit seiner Kamera die Gründung des Staates Israel. Er starb 1954 als Berichterstatter im Indochinakrieg, tödlich verletzt durch einen Minenunfall.
Taro, Capa & Kollegen waren die Wegbereiter der modernen Kriegsberichterstattung. Der Fotoreporter musste von nun an in vorderster Linie neben dem kämpfenden Soldaten stehen. Die Authentizität der Aufnahme galt als Voraussetzung für eine gute und vermarktbare Reportage, die dann auch das Sensationsbedürfnis der Medien zu befriedigen in der Lage war. Erst in den letzten Jahren wird dies unter moralischen Aspekten neu betrachtet und bewertet - nicht zuletzt unter dem Eindruck der Kriege in Irak und Afghanistan.
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