Endstation Bure

Im Osten Frankreichs soll hochradioaktiver Atommüll bis zu 100 000 Jahre gelagert werden

  • Susanne Götze, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Atomkraftnation Frankreich sucht seit Jahrzehnten nach einem geeigneten Endlager. Ein kleiner Ort in Lothringen könnte das erste Endlager überhaupt werden - deutsche Forscher unterstützen das Projekt.

Bure ist derzeit die Hoffnung der französischen Atomwirtschaft: in dem Ort, der rund 150 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist, soll das erste Endlager für Atommüll entstehen. Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht, da die Regierung derzeit keine Alternativen hat und der Berg an Atommüll täglich wächst. Bure hat entscheidende Vorteile: Das Tongestein soll sich besonders gut eignen, und man hofft auf wenig Widerstand in der strukturschwachen Region.

Die französische Entsorgungsagentur Andra untersucht dort seit 1999 den Untergrund und hofft ab 2012 auf eine weitere Genehmigung der Regierung. Die gilt als ausgemacht, da viele Standorte in den vergangenen Jahren aufgrund lokaler Proteste aufgegeben werden mussten. Das Tongestein unter Bure eigne sich zudem besonders für eine Endlagerung von angeblich bis zu 100 000 Jahren - so lange, bis das strahlende Material keine Gefahr mehr darstellt. Die Entsorgungsagentur hat in 500 Meter Tiefe Stollen angelegt, von denen die Lagerröhren abgehen sollen. Derzeit befinden sich dort die Forschungslabore. Das Netz aus Tunneln und Lagerräumen soll unterirdisch eine Strecke von 200 Kilometer umfassen. Ziel ist, das strahlende Material zu verschließen, aber notfalls auch wieder herausholen zu können. Denn nach französischem Gesetz muss der Prozess der Einlagerung rückgängig gemacht werden können, sollte es zu Komplikationen kommen.

2017 soll mit dem Bau der unterirdischen Lagerstätten begonnen werden, 2025 der erste Atommüll eingelagert werden. Ob der Zeitplan eingehalten wird, ist fraglich, da es nicht nur immer mehr Protest aus den Nachbargemeinden, sondern auch technische Probleme gibt. So sprechen Kritiker von Rissen, die sich in der Tonschicht bilden könnten. Das Forschungsinstitut für Energie und Umwelt (IEER) hat im März dieses Jahres die Forschungen von Andra bewertet und kam zu dem Schluss, dass die Untersuchungen nicht ausreichen, um den Standort zum Endlager zu erklären. Es gebe viele ungeklärte Fragen, beispielsweise Hohlräume im Gestein, Trinkwasseradern, Feldspalten und die Reaktion des Gesteins auf die Wärme der radioaktiven Behälter.

Auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften unterstützt die Forschungen: Deutsche Forscher, die vor Ort sind, wurden bis jetzt mit rund 2,4 Millionen Euro gefördert. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Die französische Regierung gibt etwa 16 Millionen Euro pro Jahr für das Forschungsvorhaben aus und hat allein 375 Millionen in die Errichtung der Anlage investiert.

Ganz in der Nähe der Endlagerstätte hat Andra schon einmal damit begonnen, für Atomkraft zu werben: Mit der Ausstellung »Die Radioaktivität von Homer bis Oppenheimer« soll die Bevölkerung auf den Standort eingestimmt werden. In der Region des Endlagers wohnen allerdings nur fünf Einwohner pro Quadratkilometer. Die Bürgerinitiative »Bure zone libre« hat immerhin an die 500 Mitglieder und erhält Unterstützung von der Antiatombewegung. Dennoch fehlt der Anwohnerprotest. Gerüchten zufolge sollen die weniger »Nachbarn« des Standortes mit Geld ruhig gestellt worden sein.

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