Ein Zugchef namens Fröhlich

Service-Mitarbeiter der Bahn haben nicht den leichtesten Job - wichtig sind klare Ansagen

  • Wolfgang Duveneck, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 3900 Service-Mitarbeiter sind in den Fernzügen der Bahn unterwegs. Einer von ihnen ist der Kieler Gustav Fröhlich. In fast 40 Jahren hat er eine Menge Erfahrungen gesammelt, die unterschiedlichsten Situationen gemeistert und nie den Humor verloren.

Hamburg. »Guten Morgen, meine Damen und Herren. Willkommen im ICE 583 auf der Fahrt nach München. Unser nächster Halt ist Hannover.« Ruhig und bedächtig, mit sonorer Stimme und norddeutschem Unterton begrüßt der Zugchef seine Fahrgäste und fügt hinzu: »Mein Name ist Gustav Fröhlich.« Ein Schmunzeln breitet sich unter den Passagieren aus, ein paar von ihnen klatschen Beifall. Für hunderte, vielleicht einige tausend regelmäßige Bahnfahrer ist Gustav Fröhlich ein Begriff - vor allem, aber nicht nur, wegen seines Namens.

Nichts mit Schauspielerei

Seit einiger Zeit sollen Fröhlich und seine Kollegen »auf Anweisung von oben« ihre Namen bei der Begrüßung nicht mehr nennen. »Schade«, findet ein junger Versicherungsmanager und Stammkunde der Bahn. »Das nimmt der Atmosphäre im Zug doch ein Stück Menschlichkeit und Nähe.«

Etliche Zugbegleiter hatten allerdings selbst für den Namensverzicht plädiert. Immerhin ist das Namensschild am Jackett geblieben: »G. Fröhlich«. Immer wieder sprechen ihn Fahrgäste auf seinen Namen an. »Sind Sie mit dem berühmten Schauspieler verwandt?«, wollen sie wissen. »Meist sind es Ältere«, sagt Fröhlich, selbst 64 Jahre alt und ein Jahr vor der Pensionierung. »Die Jüngeren kennen den Gustav Fröhlich doch gar nicht mehr.« Und die wissbegierigen Fahrgäste klärt er auf, dass er nichts, aber auch rein gar nichts mit der Filmlegende zu tun hat. Überhaupt hat er mit Schauspielerei nichts am Hut. Zugchef Gustav Fröhlich liebt Offenheit und Ehrlichkeit. Der gebürtige Kieler ist gerade heraus, sieht sich als typischen Norddeutschen. »Klare Ansagen, gute Information und an passender Stelle eine Portion Humor - das mögen die Leute«, weiß er nach vielen Dienstjahren. Groß, kräftig und mit Schnauzer wirkt er in seiner dunkelblauen Dienstuniform mit den drei roten Ärmelstreifen und der breiten Binde, die ihn intern als Zugchef erkennbar macht.

Ursprünglich hatte er Großhandelskaufmann gelernt. »Aber als Vertreter rumlaufen - das war damals nicht mein Ding«, erinnert er sich. Also nahm er einen Job auf dem Seefischmarkt in Kiel an, löschte die Schiffe. Als dort die wirtschaftliche Flaute begann, heuerte er 1972 bei der Bahn an. Er startete als Rangierer und lernte den Betrieb von der Pike auf kennen, bevor er später Schaffner und nach entsprechender Ausbildung Zugführer («Nicht zu verwechseln mit dem Lokführer«) wurde.

Skurrile Nachtfahrt

In seinen Erinnerungen an all die folgenden Jahre überwiegt das Gute - und Skurrile. »Dazu gehört zum Beispiel ein Erlebnis während einer nächtlichen Kontrolle im Liegewagen des Zuges von Kopenhagen nach Paris« - über dessen Details Fröhlich aber schweigen möchte. Begeistert erinnert er sich auch an die Fahrten mit dem einstigen Paradezug der Bahn, dem Trans-Europa-Express TEE.

Wenn es sein muss, kann Fröhlich aber auch ärgerlich werden: »Kürzlich waren wir schon etwas spät dran mit der Abfahrt, und ich wollte die Türen schließen. Da hielt jemand krampfhaft noch eine andere Tür auf, um sich ausgiebig von seiner Freundin zu verabschieden«, erzählt er. »Da bin ich dann doch etwas lauter geworden.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -