Länderkammer sagte Ja und Nein
Gesetze zu Familienpflegezeit und Einschnitten bei Arbeitsmarktpolitik gebilligt / Neues Abfallgesetz vorerst gestoppt
Berlin (AFP/nd). Trotz Kritik an bürokratischen Hürden hat die Länderkammer darauf verzichtet, zu dem Gesetz zur Einführung einer Familienpflegezeit den Vermittlungsausschuss anzurufen. Arbeitnehmer sollen zur Pflege ihrer Angehörigen zwei Jahre lang halb arbeiten und dabei drei Viertel des Gehalts beziehen können. Später müssten sie dann wieder voll arbeiten, bekämen aber zwei Jahre weiter drei Viertel des Gehalts. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Lohnvorschuss nach der Pflegezeit wegen Berufsunfähigkeit oder Tod nicht zurückzahlen kann, soll eine Versicherung einspringen. Einen Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit gibt es nicht.
Ferner stimmte der Bundesrat auf seiner Sitzung dem Gesetz zur Sicherung der Finanzkraft der Kommunen zu. Demnach soll der Bund die Kosten für den Unterhalt von Menschen, die über keine existenzsichernde Rente verfügen, bis 2014 komplett übernehmen. Insgesamt werden die Kommunen um rund zwölf Milliarden entlastet. In einem ersten Schritt wird die Bundesbeteiligung an den Nettoausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von zunächst geplanten 16 auf 45 Prozent angehoben. In zwei weiteren Schritten in den Jahren 2013 und 2014 wird der Bundesanteil dann auf 75 beziehungsweise 100 Prozent angehoben. Nach Kritik aus den Ländern will die Bundesregierung dazu »schnellstmöglich« einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen.
Die Länderkammer verzichtete auch auf einen Einspruch gegen das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Dieses sieht Einschnitte beim Gründungszuschuss und der öffentlich geförderten Beschäftigung vor. Nach einem Kompromiss im Vermittlungsausschuss soll die Förderung der Einstiegsqualifizierung für Jugendliche auf Dauer erhalten werden. Auch auf die ursprünglich vorgesehene Kürzung der Förderdauer für ältere Arbeitnehmer von bis zu 36 auf 12 Monate wurde verzichtet.
Die Arbeitsmarktexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, sprach dennoch von einer »schlechten Nachricht für alle Erwerbslosen und für Millionen Arbeitnehmer«. Der verhängnisvolle Sparkurs der vergangenen Jahre werde fortgesetzt.
Eine Reihe von Gesetzen verwies die Länderkammer in den Vermittlungsausschuss: Bei dem von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) vorgelegten Gesetz zum Schutz von Kindern vor Misshandlungen und Vernachlässigung bemängeln die Länder die unklare Finanzierung der sogenannten Familienhebammen, die künftig Familien in schwierigen Situationen unterstützen sollen. Vorerst gestoppt wurden auch das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie die Reform des Telekommunikationsgesetzes.
Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner, Flusspferde und Primaten sollen nach Ansicht des Bundesrats künftig nicht mehr im Zirkus gehalten werden dürfen. In einer Entschließung forderte die Länderkammer das Verbot der Haltung einer Reihe von Wildtieren in den fahrenden Betrieben, da diese nicht für eine artgerechte Unterbringung sorgen könnten. Die Bundesregierung lehnt das Verbot ab. Außerdem will der Bundesrat für Fahrten mit Ausflugsschiffen noch bis Ende 2013 eine ermäßigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent erhalten.
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