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Ein Staat wird kriegsreif geredet

In Deutschland mehren sich Stimmen, die einen Waffengang gegen Iran nicht ausschließen wollen

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Islamische Republik Iran wird zur Zeit sturmreif geredet, von den USA, Israel, der Europäischen Union und nicht zuletzt Deutschland. Ein Krieg wird nicht ausgeschlossen.

Fast jede Partei verfügt über ein paar Leute fürs Grobe. Sie sollen politische Ungeheuerlichkeiten aussprechen, um deren Wirkung in der Öffentlichkeit messen zu können. Die CDU/CSU hat dafür zum Beispiel Philip Mißfelder. Bekannt geworden einst als von humanitären Skrupeln unbelasteter Verkünder sozialpolitischer Grausamkeiten (»Warum für 80jährige noch künstliche Hüftgelenke?«) bleibt er auch als nunmehriger außenpolitischer Sprecher der Union diesem Stil treu.

Mißfelder gehört zu jenen Politikern der Regierungskoalition, die seit einiger Zeit schon bei der verbalen Mobilmachung für einen Krieg gegen Iran in vorderster Reihe stehen. Formal geht es im Streit mit der Islamischen Republik um deren Kernkraft-Programm und die Behauptung des Westens, Teheran betreibe dabei heimlich auch die Entwicklung atomarer Waffen; eine These, die trotz anderslautender Behauptungen nie über den Status eines Verdachts hinausgekommen ist. Auch die Internationale Atomenergiebehörde hat bislang keine Beweise vorgelegt.

Die »atlantische Fraktion« in der Union, der bereits die Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel ein Gräuel war, am Krieg gegen Libyen nicht aktiv teilzunehmen, will diese vermeintliche Scharte jetzt offenbar mit überlautem antiiranischen Feldgeschrei auswetzen. Die Vertreter einer möglichst stromlinenförmigen Ausrichtung der deutschen an der US-Außenpolitik - man könnte sie in diesem Falle auch Bellizisten nennen -, gibt es ebenso bei SPD und Grünen, wie der NATO-Krieg gegen Libyen zeigte. Doch die Union ist hörbar lauter.

Die Zögerlichkeit des Westens, so Mißfelder im Deutschlandfunk führe dazu, dass Iran Zeit gewinne, sein Nuklearprogramm fortzuführen. Das Regime sei fest entschlossen, mit Atomwaffen »das Existenzrecht Israels zu gefährden und auch unsere Sicherheit im Westen zu gefährden«. Mißfelder hat kein Problem, die Behauptung, es existiere ein Nuklearprogramm, als Gewissheit zu behandeln und setzt noch einen drauf, indem er Angriffsabsichten unterstellt.

Es ist nicht Mißfelder allein, der Iran angriffsreif redet. Auch der für Scharfmachertum weniger bekannte Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, erklärte gestern der Hallenser »Mitteldeutschen Zeitung«, »es kann nicht schaden, wenn der Iran in Unsicherheit über weitere Gegenmaßnahmen lebt«. Zwar sieht Polenz einen Unterschied darin, »militärische Optionen nicht auszuschließen oder damit zu drohen«. Aber was immer das praktisch bedeutet - die Hemmschwelle zum heißen Krieg wird so erneut gesenkt.

Zur antiiranischen Stimmungsmache passt die Behauptung, es gebe iranische Pläne für Anschläge in Deutschland - nach einem Bericht der »Bild«-Zeitung. Die angeblichen Pläne flimmerten am Donnerstag über alle Kanäle. Ein bisschen schürte auch der neue Generalbundesanwalt Harald Range mit. Am Morgen hatte er erklärt, es bestehe der Verdacht, dass Iran Anschläge in Deutschland vorbereite. Am Abend dann sagte sein Sprecher, es gebe dafür »überhaupt keine Anhaltspunkte.«

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