Roboter für die Tiefsee
Schnittig, leicht und preiswert - TU entwickelt neuartiges Tauchboot
Die Tiefsee, dunkel und geheimnisvoll. Was lebt oder schwimmt 6000 Meter unter der Meeresoberfläche? Vielleicht können die Forscher der Technischen Universität Berlin (TU) einen Teil dieses Rätsels lösen. Mikrotechniker entwickeln zurzeit ein automatisches Tauchboot, das mit neuen technischen Raffinessen in unerforschte Tiefen vordringen soll. Der Clou: Der Innenraum des rund 3,50 Meter langen Prototyps lässt sich fluten. Teure und schwere Druckkammern sind nicht mehr nötig - das Boot passt ins Auto.
Tausende unbekannte Spezies vermuten Wissenschaftler in der Tiefsee, in die U-Boote mit Besatzung kaum vordringen können. »Nach wenigen hundert Metern ist da oft Schluss«, erläutert Heinz Lehr, der das TU-Forschungsprojekt leitet. Denn in einigen tausend Metern Tiefe müssten Tauchboote nicht nur einem Druck von mehr als 600 Bar und Eiseskälte standhalten. Das salzige Seewasser greift auch die Materialien an.
Doch Tauchfahrzeuge für die Tiefsee sind trotzdem begehrt. Firmen geht es um die Suche nach Ölquellen oder seltenen Rohstoffen. Unterwasserpipelines können damit überwacht werden. Auch alte Schiffswracks lassen sich mit unbemannten Unterwasserfahrzeugen orten und mit Kameras erkunden. Vielleicht haben sie ja noch Schätze geladen. »Nur für militärische Zwecke forschen wir nicht«, sagt Lehr.
Gängige autonome Unterwasservehikel (AUV) umschließt heute in der Regel ein wasserdichter Stahlmantel. Das mache sie tonnenschwer, ergänzt der Professor. Für Reparaturen ließen sich solche Hüllen auch nur schwer öffnen. Deshalb habe die TU nach einer »schlaueren Bauweise« gesucht. Der Bootskörper der neuen Erfindung besteht nun aus einem Titangerüst, das mit Schaum als Auftriebskörper ausgekleidet ist. Das Ganze umgibt eine schnittige Kunststoffhülle, die obendrein den Fahrwiderstand im Wasser senkt. Sie lässt sich für Reparaturen oder Umbauten leicht öffnen.
Wird das Mini-U-Boot ins Meer gesetzt, füllt sich der Innenraum ebenfalls mit Wasser. Solch eine Konstruktion gebe es bisher nicht, sagt Lehr. Damit die empfindliche Bordelektronik nicht nass wird, haben die TU-Entwickler sie mit dünnen Silikonhüllen ummantelt. Die Videokamera sei eine ganz neue Entwicklung, die ebenfalls Flüssigkeit enthalte, berichtet Lehr. »So gleichen sich Innen- und Außendruck aus.«
Ausgerüstet mit einem Elektromotor samt Lithium-Ionen-Akkus soll das Tauchboot, das bisher in der Ostsee auf Testfahrt ging, rund 50 Stunden Dauerbetrieb leisten. Es kann aber auch in einem »Schlafmodus« auf dem Meeresboden liegenbleiben und später wieder aktiviert werden. Bis in fünf Kilometer Tiefe ist über Modems Unterwasserkommunikation mit den Minicomputern an Bord möglich. Steuern kann sich das Fahrzeug selbst. Zusätzlich lässt sich ein langes Mittelstück einbauen, auf dem Greifarme montiert werden oder Lasten transportiert werden können. »Man muss die Goldbarren ja auch aus einem Schiffswrack bekommen«, scherzt Lehr.
2012 wollen die Wissenschaftler ihr quietschgelbes Boot, dessen Form sich am Körperbau von Pinguinen orientiert, im tiefen Atlantik vor Madeira testen. Das Projekt läuft bis Ende 2013 und wird mit 4,7 Millionen Euro gefördert - unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium. »Die Pionierarbeit zahlt sich aus, da viele Entwicklungen patentierbar sind«, sagt Lehr. Das neue Boot wiege nur etwa 500 Kilogramm und kostet in der Produktion nur einen Bruchteil herkömmlicher Modelle - das sei ein großer Marktvorteil.
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