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Geliefert haben - oder sein
Das Leben ist ungerecht. Nur auf dem 9. Platz bei der gestern bekannt gewordenen Wahl zum Wort des Jahres ist Philipp Röslers »Ab jetzt wird geliefert« gelandet. Dabei hat er fast zeitgleich das Scheitern des von einigen Rebellen initiierten Mitgliederentscheides in der FDP verkündet - und also im Sinne seines Parteivorstandes endlich mal liefern können. Womöglich wäre das unter normalen Umständen tatsächlich als Erfolg Röslers und seines ihm inzwischen verlustig gegangenen Generalsekretärs Christian Lindner gewertet worden. Aber weil beide das Wasser nicht halten konnten und schon Tage vor Ablauf der Abgabefrist die Niederlage der sogenannten innerparteilichen Euro-Rebellen verkündeten, stürzte die ohnehin seit Monaten dahinsiechende FDP in die tiefste Krise ihrer Existenz.
Doch selbst die knappe »Lieferung« der freidemokratischen Zustimmung zum Euro-Rettungsschirm wird Rösler nicht wirklich weiterhelfen - nicht innerhalb der von tiefen Gräben zerklüfteten Partei und schon gar nicht in der schwarz-gelben Koalition, in der die FDP samt ihres blutarmen Vorsitzenden, Wirtschaftsministers und Vizekanzlers der Kanzlerin längst als Klotz am Bein gilt.
Auch wenn Fernsehkommentatoren kalauerten, der FDP-Chef sei mit einem blau-gelben Auge davongekommen - jede Gegenstimme sei eine »gegen die Parteiführung«, weiß der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki. Dass selbiger gestern dennoch frohlockte, seine Partei könne nun zur Sacharbeit übergehen, ist nur noch Pfeifen im Walde. Der Mann will schließlich die nächste Landtagswahl im Frühjahr irgendwie bestehen. Erlebt die FDP im Norden ein Fiasko wie vor drei Monaten in Berlin, können die Liberalen endgültig einpacken. Und Röslers gestriges Versprechen »Wir werden jetzt Schluss machen mit der internen Diskussion«, wird womöglich bei diversen Wortwettbewerben 2012 ganz vorn landen. Als bestechend formulierter Nachruf.
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