Glanzstück der Filmgeschichte
Vor 50 Jahren kam Billy Wilders »Eins, zwei, drei« in die Kinos
Es ist die wohl beste Komödie über den Kalten Krieg, wenn nicht sogar eine der besten Komödien der Filmgeschichte. Doch als Billy Wilders rasanter Berlin-Film »Eins, zwei drei« vor 50 Jahren ins Kino kam (in der Bundesrepublik am 18.12.1961), da war der Mauerbau noch zu frisch, als dass man sich in den Augen vieler Kinogänger derart über den Wahnsinn der Weltmächte im geteilten Berlin lustig machen durfte. Die Kommunismus-Satire fiel durch. Kritiker sprachen von einer »oberflächlichen Komödie« und warfen Billy Wilder platten Antikommunismus mit billigen Gags vor. Doch das änderte sich später - zum Glück.
Der Flop der Ost-West-Komödie vier Monate nach dem Bau der Berliner Mauer kann keineswegs an den Leistungen der Autoren - neben Billy Wilder schrieb I. A. L. Diamond am Drehbuch mit - oder gar an den Darstellern gelegen haben. Denn die waren top. »Lilo«, also Liselotte Pulver, tanzt barfuß und mit Fackeln in der Hand auf dem Tisch als Fräuleinwunder-Parodie Ingeborg zum »Säbeltanz« von Chatschaturian. Der Komponist Friedrich Hollaender (»Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt«) singt im angeblichen Ostberliner Grand Hotel Potemkin den Schlager »Ausgerechnet Bananen«. Und »Hotte«, also Horst Buchholz, wird mit dem Song »Itsy Bitsy Teeny Weeny Yellow Polka Dot Bikini« gefoltert und zu einem falschen Geständnis gezwungen.
Doch das sind Details. Die eigentliche Handlung des Films dreht sich um den Westberliner Coca-Cola-Chef C. R. MacNamara (James Cagney in der Rolle seines Lebens). Er könnte gefeuert werden, wenn er nicht Scarlett Hazeltine (Pamela Tiffin), die Tochter seines amerikanischen und natürlich antisozialistischen Chefs, davon abhält, einen Ostberliner Kommunisten (Horst Buchholz als Otto Ludwig Piffl) zu heiraten. Die Boss-Tochter Scarlett schwärmt jedoch nicht nur für ihren idealistischen Liebhaber, sondern ist auch schon schwanger. Deshalb muss der Kommunist innerhalb kurzer Zeit zum Vorzeige-Kapitalisten umgepolt werden, denn Ungemach droht: Papa Hazeltine (Howard St. John) ist auf dem Weg nach Berlin. Im Film ist der Eiserne Vorhang noch durchlässig, das Brandenburger Tor noch offen.
Gedreht wurde das Werk im Sommer 1961, in der dritten Drehwoche wurde auch das Filmteam vom Mauerbau überrascht. »Ich erinnere mich noch gut«, erzählte Regisseur Wilder (1906-2002) 32 Jahre später bei der Berlinale. »Der 13. August 1961 war ein schöner Sommertag. Wir hatten die Tage zuvor am Brandenburger Tor gedreht und dabei, entsprechend dem Drehbuch, Ballons mit der Aufschrift ›Russki go home‹ aufsteigen lassen. Was wir dort an jenem 13. August erlebten, hielten wir für einen bösen Scherz.« Da die Szenen noch nicht fertig waren, musste Wilder das Brandenburger Tor in den Bavaria-Studios in München-Geiselgasteig nachbauen lassen.
Im Februar 1993 fuhr Wilder demonstrativ durch das nun wieder offene echte Brandenburger Tor. Ein Triumph für den Juden, der mehrere Familienangehörige durch Morde der Nazis verloren hatte. Bereits 1985 hatte Wilder, der Spötter aus Old Europe, eine cineastische Genugtuung erleben dürfen. Sein »Eins, zwei, drei«, das auch in Amerika floppte, kam zumindest in Deutschland noch einmal ins Kino. Der Film erlebte eine fulminante Wiederentdeckung. Was ihn so grandios macht: Er schießt in alle Richtungen. Er nimmt sowohl amerikanische Überheblichkeit auf die Schippe, als auch die Sowjets. Und natürlich nicht zuletzt die Deutschen als ewig katzbuckelnde Schleimer und verkappte Hitler-Anhänger.
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