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Abgerissen und modernisiert an der Ostbahn

Strecke von Berlin nach Küstrin-Kietz wurde umgebaut, Arbeitsplätze gingen verloren

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Inbetriebnahme des elektronischen, von Küstrin-Kietz aus gesteuerten Stellwerks in Müncheberg am Wochenende beendete die vier Bauabschnitte unter dem Stichwort »Modernisieren und Erneuern der Ostbahn«. Freilich gehört dazu auch die Rationalisierung, sprich der Wegfall von Arbeitsplätzen.

Ende 2006 begann in Küstrin-Kietz und Gorgast der Abriss der Gleise und Stellwerke aus der Nachkriegszeit. 2009 erhielt der Bahnhof Seelow-Gusow neue Bahnsteige nach dem Brandenburger Modell, also hintereinander angeordnet, damit nicht mehr das Gleis zum zweiten Bahnsteig überschritten werden muss.

Auf dem von der Stadt etwas abgelegenen Bahnhof Müncheberg wurden Anlagen stillgelegt und sparsam Neues errichtet. Hier hatte die Deutsche Bahn das »Flächendenkmal Bahnhof« zu respektieren, so dass wenigstens das Bahnsteigdach der früheren Bauweise nachempfunden wurde.

Zuletzt wurde der Bahnhof Rehfelde umgekrempelt, um auch hier auf Eisenbahner verzichten zu können. In Richtung Strausberg ist der Wiederaufbau des 1946 abgerissenen zweiten Streckengleises vorgesehen, weiter in Richtung Berlin besteht noch keine konkrete Planung für eine Modernisierung der Bahnanlagen.

Die derzeit von Oderlandbahn eingesetzten Züge von Berlin nach Kostrzyn werden gut benutzt, oft sind sie überfüllt. Michael Preißler, Manager bei der Bahntochter Station & Service, rechnet in den nächsten Jahren mit einem Fahrgastzuwachs um die zehn Prozent, zumal die Züge künftig nicht in Berlin-Lichtenberg starten, sondern am Berliner Ostkreuz, und auch bis Gorzow fahren sollen. Mit teilweise 120 Stundenkilometern zulässiger Geschwindigkeit, die die neuen Anlagen erlauben, ist man auch einige Minuten weniger unterwegs.

Dass aber wie einst über die Ostbahn Schnellzüge brausen, damit rechnet niemand. Immerhin wird die Strecke auch von Güterzügen befahren, die wegen Bauarbeiten zwischen Frankfurt (Oder) und Berlin umgeleitet werden, so dass sogar die im Regionalnetz üblich gewordene Nachtruhe unterbrochen werden musste.

40 Millionen Euro investierte die Deutsche Bahn - zum Beispiel in neue Wege und Bahnsteige, neue Lampen, bessere Entwässerung und neue Stellwerke. Das Geld veränderte auch in diesem Landstrich das traditionelle Bild der Eisenbahn. Die Bahnhofsgebäude gehören nicht mehr dazu, sie wurden verkauft. Der Güterverkehr besteht bis auf Gorgast nicht mehr. Den schätzungsweise zwei Dutzend überflüssig gewordenen Eisenbahnern wurden andere Arbeitsplätze irgendwo in Deutschland angeboten. Genaues war nicht zu erfahren.

Dem Reisenden indes steht nur eine bessere Straßenbahn-Haltestelle zur Verfügung, kein geheizter Warteraum, in dem er im Winter auf den verspäteten Zug warten konnte. Er muss auf dem zugigen Bahnsteig hoffen, dass die Züge den Taktfahrplan einhalten. Verlassen darf er sich darauf nicht, dass die vom Zentralstellwerk in Küstrin-Kietz abhängigen Anlagen auch stets funktionieren. Jedenfalls nicht nach den Erfahrungen mit der S-Bahn.

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