Klangfreude und Liebesbekenntnis

Konzerthaus Berlin: Weihnachtsdialog mit Bach und Mozart

  • Liesel Markowski
  • Lesedauer: 3 Min.

Bach bedeutet für Viele besondere Klangfreude und entspannende Besinnung zum Jahresende. Und das Weihnachtsoratorium ist da mit seinem jubelnden Chor »Jauchzet, frohlocket« Wunsch und erste Adresse. Besonders wenn die Thomaner aus Leipzig oder die Kruzianer aus Dresden zu Gast in Berlin sind und mit ihrem reinen Chorgesang faszinieren. Eine beglückende Tradition. Dass aber auch ungewohnte Wege zu Johann Sebastian Bach entdeckt werden können, haben im Konzerthaus Berlin die Akademie für Alte Musik zusammen mit der Sopranistin Annette Dasch und dem Bass Daniel Schmutzhard nachdrücklich bewiesen.

Das Programm lud gewissermaßen zu einem schöpferischen Dialog zwischen Bach und Mozart ein, in den das Publikum einbezogen wurde. Weitgehend Unbekanntes von Bach war zu hören, zu beträchtlichem Teil von Mozart bearbeitet, in seine Fasson transponiert: Streng Polyphones wie Fuge oder Ricercar neben sogenannten geistlichen Dialog-Kantaten (mit fingiertem Gespräch etwa zwischen Christus und Gläubigen). Was vor allem fesselte, war jedoch kaum Spirituelles als vielmehr jener künstlerisch-kompositorische Anspruch, den Bach auch hier aufs Feinste vertritt und der bei ihm stets emotional Menschliches nahebringt. Zumal, wenn in so konzentrierter Interpretation wie an diesem Abend.

Die Instrumentalisten der Akademie für Alte Musik fungierten unter Leitung ihrer Konzertmeister Bernhard Forck und Stephan Mai bedachtsam genau und in vollem farbigem Klang von Streichern und Bläsern. Ihre spürbare Lust am Spiel inspirierte auch lustvolles Zuhören. Doch zugleich fühlte man sich zu analytischer Aufmerksamkeit herausgefordert, um den Dialog zu verstehen: zwischen Mozart und Bach wie zwischen einst und jetzt. Ein Blick in die Werkstatt des Klassikers, der dem Altmeister Bach erst durch Vermittlung des verdienstvollen Barons Gottfried van Swieten in Wien auf die Spur kam, sich anregen ließ.

So erhielten Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier anstatt der Präludien wunderschöne Adagio-Einleitungen: Stücke in Es-Dur und D-Dur, in sensiblen Sätzen zu hören. Erstaunlich eine D-Dur-Fuge als Streichquartett mit intimer Larghetto-cantabile-Einleitung, von vier Damen feinsinnig vorgetragen. Bemerkenswert auch das Ricercar à 6 aus dem »Musikalischen Opfer«, einer Sammlung polyphoner Kompositionen auf ein Thema Friedrichs II., die Bach dem preußischen König widmete. Streicher und Bläser (historische Instrumente) auch hier in dialogischem Miteinander.

Als Höhepunkte Dialog-Vokal in zwei authentischen Bach-Kantaten, die selbst interessierten Hörern kaum bekannt sein dürften. »Liebster Jesu, mein Verlangen« (BWV 32) im Wechsel von Sopran- und Bass-Soli, auch ein Duett lässt das Dialogische hervortreten. Die Sopranistin Annette Dasch mit voluminösem Gestus (trotz Schwangerschaft) und strahlender Höhe, der Bass Daniel Schmutzhard etwas spröde, aber kernig solide singend, boten überzeugend ein Liebesbekenntnis, das man heute nicht unbedingt, wie einst beabsichtigt, religiös verstehen muss.

So auch der schließende Kantaten-Dialog »Ich geh und suche mit Verlangen«), bei dem die Gemeinsamkeit - im Rezitativ, Duett und Choral - noch enger ist. Wunderschöne obligate Instrumentalsoli schmücken die Arien: Orgel zum Bass-, Oboe d’amore zum Soprangesang, Violine unter anderen in der ersten Kantate. Lebendiges Spiel der Instrumente und gesangliche Ausdruckskraft ließen Geschmacklosigkeiten im Text vergessen.

Der bleibende Eindruck: ein Abend anrührender Musik.

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