Echo des Blickes
Irving Petlin bei Nove
Wie aus dem Dunst einer so dezenten wie schweifenden Fantasie scheinen die Arbeiten aufzusteigen, mit denen sich erstmals in Berlin der Amerikaner Irving Petlin in einer Einzelausstellung präsentiert. »Wie ein Echo des Blickes in der Erinnerung« zeigt in der Galleria Nove 15 seiner Werke, großformatig jene in Öl auf Leinwand, kleiner solche in Öl auf Papier, ein Exponat als Pastell. Alle aber bestätigen gleichermaßen den Ruf des 1934 in Chicago Geborenen, Meister des Pastelltönigen zu sein.
Was die Ausstellung nicht ausweist: Petlin fühlt die starke soziale Verpflichtung, sich gegen Ungerechtigkeit zu artikulieren, war politischer Aktivist gegen den Vietnam-Krieg und schuf ein entsprechendes Poster, sprach sich gegen den Irak-Krieg und die Afghanistan-Intervention aus. Seit 1956 stellt er beinah im Jahresrhythmus aus, über Chicago, San Francisco, Los Angeles, New York bis zu bedeutenden Galerien in Europa. Derzeit pendelt er zwischen New York und Paris.
Berlin dankt ihm die Bekanntschaft mit Werken, die im Dezennium 1960 bis 1970 entstanden. Gegen die Experimente etwa eines Andy Warhol setzt Petlin eine Malerei der Traumgebilde. »In the region of the high mountain«, mit 114 x 146 Zentimetern größte Arbeit, postiert eine flächig gehaltene Gestalt in Rückenansicht mit einem Kopf wie einem Daumenabdruck auf einem streifigen Grund. Klar zeichnen sich die Figuren gegen den glatt gelblichen Grund ab. Das verleiht ihnen, über den Aspekt des Rätselvollen hinaus, eine anziehende Wärme.
Die Ruhe philosophischer Nachdenklichkeit strahlt ebenso eine Diagonalkomposition aus, bei der eine helle Figur in einem Bogen wie der lichte Schatten des zum Zuschauer hin schemenhaft Knienden wirkt. Nur Fläche ist er, mit hohlen Augen, schwebend auf schraffiertem Fond.
Gänzlich erliegt man dem Zauber Petlinscher Phantasmagorien in einer Serie, die hier neun je »Composizione« genannte Arbeiten von 1967 bündelt. Alle bringen sie in Öl auf Papier und mit identischem Format einen gelb »hölzernen« Rahmen auf, der an den Ecken nochmals verstrebt ist.
Bis 10.1., Galleria Nove
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