Wenig Kontrolle

Beschlagnahme in Finnland zeigt Umfang des internationalen Waffenhandels auf See

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Drama um die unter britischer Flagge fahrende, aber einer dänischen Reederei gehörende »Thor Liberty« wirft ein Schlaglicht auf den Waffentransport zur See.

Zur Erinnerung: Das Schiff musste, nachdem es im Golf von Finnland in einen Sturm geraten war, einen finnischen Hafen anlaufen. Hier fanden Stauer zu ihrer Verblüffung Raketen und Sprengstoffe, die nicht entsprechend den Vorschriften verstaut waren und eine Explosion verursacht haben könnten. Noch überraschender war, dass die Ladung von Patriot-Raketen nicht in den Schiffspapieren notiert war und auch nicht das Empfängerland Südkorea. Vermutlich war der Transport legal, aber er verdeutlicht die Grauzonen und das Unwissen der zuständigen Behörden.

Dänemark ist eine der wichtigsten Seefahrtsnationen der Welt und unter den zahlreichen Reedereien gibt es mehrere, die es mit internationalen Konventionen und der nationale Gesetzgebung nicht so genau nehmen oder sie bewusst umgehen.

Insbesondere die Konfliktregionen und Krisenherde der Welt sind Ziel der Transporte. EU-Länder blockieren zwar den Waffenverkauf in einige Länder, die als instabil gelten, was aber nachfolgend mit zunächst legalen Exporten geschieht, entzieht sich oft der Kenntnis der Behörden. Obwohl Dänemark in der internationalen Arena seit Langem gegen illegale Waffentransporte kämpft, wird in der Praxis wenig dagegen getan. Solange die Gesetze des Absender- und Empfangslandes eingehalten werden, gibt es keine juristische Handhabe, sich in die Geschäfte der Reedereien außerhalb der Landesgrenzen einzumischen.

Was nationale Behörden machen könnten, wäre Druck auf die einheimischen Reeder auszuüben, zunächst einmal Informationen zur Verfügung zu stellen, um den zuständigen Behörden anderer Länder Handlungsmöglichkeiten zu geben. Der Handlungswille verliert sich aber im Dunst der Handhabung von Hoheitsrechten, die mit der Übermittlung nationaler Informationen verbunden wären, der Furcht vor Verwicklung des offiziellen Dänemark in Waffengeschäfte und dem allgemeinen Wunsch, dänische Interessen zu schützen.

Beispiele für das zögerliche Handeln dänischer Behörden gibt es viele. Das Regime von Saddam Hussein hätte seinen zehnjährigen Krieg gegen Iran nicht führen können, wäre nicht laufend Nachschub von hochtechnologischen Waffen gekommen. Skrupel bei dänischen Reedern gab es wenig. Der damalige Direktor der Reederei A.C. Ørsleff, Peter Knudsen, verglich die Transporte mit denen der dänischen Armee. Ob er darüber nachgedacht hat, ob diese Waffen auch gegen Soldaten seines Landes gerichtet wurden, solange sie in Irak stationiert waren, entzieht sich der Kenntnis.

Ein weiteres häufiges Anlaufziel dänischer Schiffe ist Eritrea, das sich nach dem gewonnenen Unabhängigkeitskrieg gegen Äthiopien zu einem Pariastaat entwickelte und beispielsweise die islamistischen Gruppen in Somalia mit Waffen versorgt. Der Transport von Waffen nach Eritrea ist legal, nach Somalia nicht. In internationalen Berichten, die unter anderem von den Nichtregierungsorganisationen Oxfam und IANSA herausgegeben werden, werden zudem Libanon, Libyen, die Golfstaaten, Syrien und Iran als Empfängerländer genannt. Die jüngsten bekannten Beispiele sind Lieferungen von Munition und Tränengas im August und November dieses Jahres für ägyptische Sicherheitskräfte. Nur einmal, 1985, wurde ein Reeder für die Verletzung eines Waffenembargos verurteilt, als er Waffen nach Südafrika transportieren ließ.

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