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Initiativen sehen gute Chancen zur Verhinderung der A 100

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die rot-schwarze Koalition will möglichst noch im Jahre 2012 mit dem Bau der A 100-Verlängerung von Neukölln zum Treptower Park beginnen. Dem scheint sie jetzt ein Stückchen näher gekommen zu sein, nachdem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) das 3,2 Kilometer lange Teilstück im Investitionsrahmenplan (IRP) 2011-2015 gesetzlich gesichert hat. Die Hoffnung der Autobahngegner, das Projekt noch verhindern zu können, hat dadurch jedoch keinen Dämpfer bekommen. Denn der Plan zeige laut Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), »dass die Finanzierung des Weiterbaus mit Kosten von mindestens 420 Millionen Euro noch lange nicht gesichert ist«.

Auch Ramsauer hatte bei der Vorstellung seiner Investitionsliste gestöhnt, dass es sich bei der A 100 um den »teuersten Bundesautobahnbau in ganz Deutschland« handele. Und ohne sein Einschreiten wären die 420 Millionen Euro »schon nicht mehr drin in diesem Papier«. Heuser glaubt, dass sie sich dort auch wegen der »dramatischen Finanzierungslücke« nicht lange halten können. Denn von den für den Bundesfernstraßenbau bis 2015 veranschlagten 7,5 Milliarden Euro würden bereits 7,9 Milliarden Euro für schon laufende Projekte benötigt. »Das Bundesverkehrsministerium stellte selber fest, das deshalb von über 90 planfestgestellten Objekten im Jahr 2012 nur zwei neu begonnen werden können«, so der BUND-Chef. »Wenn er ausgerechnet diesen Stummel finanzieren will, wird Ramsauer viel Ärger mit den anderen Ländern bekommen.«

»Die Projekte, die im IRP drin sind, werden auch finanziert«, sagt dagegen die Sprecherin des Bundesbauministers, Vera Moosmayer. Die A 100 sei wichtig für den Lückenschluss der Stadtautobahn und genieße Priorität, die Gelder seien reserviert, ebenso wie die 16,5 Millionen Euro, die als Vorsorgemaßnahme für den nächsten Bauabschnitt zur Frankfurter Allee bereits unter dem Bahnhof Ostkreuz verbaut werden.

Trotzdem glaubt Heuser den Autobahnbau noch nicht in trockenen Tüchern. »Es wäre nicht das erste Mal, dass Projekte aus dem Investitionsplan wieder herausfallen.« Wie der Berliner BUND-Chef kann sich auch Harald Moritz von der Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS) nicht vorstellen, dass bei dem geringen Spielraum für neue Straßenbauprojekte ausgerechnet die superteure Verlängerung der A 100 eine Chance zur Realisierung hat. »Sie hat keine gesamtstädtische Bedeutung, geschweige denn ist sie für den Verkehr der Bundesrepublik Priorität«, so Moritz. Prioritär sei sie nur »für das Image der rot-schwarzen Betonpolitik«. Im Übrigen bedeute Reservierung der Finanzmittel noch lange nicht, dass sie auch freigegeben werden.

Ob die Autobahn gebaut werden kann, entscheidet sich aber letztlich vor dem Bundesverwaltungsgericht, das über die Klagen von Bürgern und BUND gegen das Projekt befinden muss. Moritz rechnet mit einem Urteil im zweiten Quartal nächsten Jahres. Sollte es gegen die Kläger ausfallen, wäre ein Volksentscheid die letzte Option der Autobahn-Gegner. Laut BUND-Chef Heuser werde diese Möglichkeit derzeit geprüft. Bei Infrastrukturprojekten sei es aber immer schwierig, auf das notwendige Quorum zu kommen, weil der Kreis der Betroffenen relativ klein ist.

Harald Moritz sieht noch ein anderes Problem: Da die A 100 eine Bundesautobahn sei und mit Bundesmitteln finanziert werde, hätte ein Berliner Volksbegehren allenfalls empfehlenden Charakter. »Aber die Bundesregierung hat ja schon erklärt, gegen den Willen der Berliner nichts bauen zu wollen«, sagt Moritz.

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