Krach im Rathaus Lichtenberg

LINKE argwöhnt Postenvergabe nach Parteibuch / SPD verwahrt sich gegen Vorwurf

  • Sonja Vogel
  • Lesedauer: 4 Min.

Seit Herbst ist Andreas Geisel Bezirksbürgermeister von Lichtenberg - der erste mit SPD-Parteibuch in der Hochburg der LINKEN. Ins Amt gehoben hatte ihn eine Zählgemeinschaft aus SPD, CDU und Grünen.

Nun kritisiert die LINKE, im Bezirk noch immer die stärkste Partei, die Personalentscheidungen. Der Vorwurf richtet sich direkt an die regierende SPD: Neu- und Umsetzungen verschiedener Stellen, vor allem die persönlicher Referenten der Stadträte und die des Leiters, seien möglicherweise »nach Parteibuch und nicht nach Qualifikation« vorgenommen worden - ohne Ausschreibungen. So heißt es in einer Pressemitteilung der Fraktion vom Dezember.

Mittlerweile liegt eine Antwort auf die Kleine Anfrage der LINKE-Fraktion vor. Darin beantwortet Bezirksbürgermeister Geisel die Fragen zum Prozedere der Postenvergabe. »Die Besetzung der Referentenstellen bei den Bezirksstadträten gestaltete sich schon immer differenziert«, heißt es darin zum Beispiel ausweichend. So seien Besetzungen genauso üblich wie Ausschreibungen. Geisel hatte die Vorwürfe der »Parteibuch-Mentalität« schon zuvor in einer Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) »infam« genannt.

»Zwei Personalentscheidungen haben für Überraschungen gesorgt«, erläutert der Fraktionssprecher der LINKEN in Lichtenberg, Michael Grunst, den Unmut seiner Partei. Besonders stört ihn die »Über-Nacht-Ablösung« der Leiterin der Pressestelle durch ein ehemaliges SPD-Mitglied. Auch ein Mitglied des CDU-Kreisvorstandes sei als persönlicher Referent eines Stadtrates eingestellt worden.

»Hier wird der Anschein erweckt, dass ehemalige Parteikumpanen ins Boot geholt werden«, erklärt Grunst. Während er die Besetzung der Stellen der persönlichen Referenten durch Vertrauenspersonen verstehe, leuchte ihm nicht ein, warum es im Falle des Leiters der Pressestelle keine öffentliche Ausschreibung gegeben hatte - schließlich vertrete der alle im Rathaus sitzenden Parteien. »Jeder muss sich bewerben können«, sagt Grunst. Tatsächlich sind die Postenvergaben ohne Ausschreibung umstritten.

Aber sind die Referenten und insbesondere der Leiter der Pressestelle, wie die LINKE vermutet, aufgrund ihres Parteibuchs zu ihren Posten gekommen? »Natürlich spielt es eine Rolle, dass sie eine Politik vertreten, die auch wir vertreten«, kontert der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der BVV, Erik Gührs. »Aber daraus einen Vorwurf zu machen, finde ich falsch.« Vielmehr sei es doch wünschenswert, dass mehr Leute in politischen Parteien aktiv seien, fügt der SPD-Mann hinzu. Die üblichen Verfahren seien eingehalten worden. So sei der Personalrat über die Auswahlentscheidungen informiert worden. »Der hätte sich auch eine Ausschreibung wünschen können«, betont Gührs. »Darum sehe ich da keine Bedenken.«

Tatsächlich drückt die LINKE wohl an einer anderen Stelle der Schuh. Schließlich löste das ehemalige SPD-Mitglied die noch von den LINKEN inthronisierte Pressesprecherin ab. Nach dem Ausscheiden aus der Bezirksregierung sicher ein bitterer Verlust für die Partei.

Ungewöhnlich findet die Linksfraktion auch, dass die Neubesetzungen durch Außeneinstellung gelöst worden sind und nicht, wie in deren Regentschaftszeit seit 2001, durch Umsetzungen innerhalb der Behörde. »Außeneinstellungen sind ungewöhnlich«, sagt Grunst. Jahrelang habe seine Fraktion für Einstellungen gekämpft - ohne Erfolg. »Und hier geht's auf einmal«, wundert sich der Abgeordnete. Auch wegen der zusätzlichen Kosten hält die LINKE diese Einstellungen für »zweifelhaft«; dies insbesondere vor dem Hintergrund des zu erwartenden Personalabbaus in der Verwaltung. Warum seit zehn Jahren nun zum ersten Mal Besetzungen von Referentenstellen durch Außeneinstellungen erfolgt sind, weiß auch der SPD-Fraktionsvorsitzende nicht. »Vielleicht hat da der Bürgermeister einen besseren Draht«, sagt er salopp.

Ganz so locker scheint die SPD-Fraktion die Kritik allerdings nicht zu nehmen. In einer Presseerklärung am Dienstag war der Ton noch gereizt. Die LINKE habe bereits in der vergangenen Wahlperiode versucht, Kollegen »verbal mit Schmutz zu bewerfen«, heißt es dort. Die fehlende Aufarbeitung der Wahlniederlage in Lichtenberg überdecke die LINKE mit »ebenso zahlreichen wie haltlosen Vorwürfen an eine demokratische Mehrheit im Bezirk«, wird Erik Gührs zitiert.

»Da haben wir einen Nerv getroffen«, ist LINKE-Fraktionssprecher Michael Grunst überzeugt. Mittlerweile hat die LINKE neue Nachfragen zur Personalpolitik eingereicht - diesmal zu den Antworten auf die Kleine Anfrage. Der Streit wird wohl in eine zweite Runde gehen.

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