Schönes Zaudern

Schauspieler Edgar Selge über Radikalität, Zeit, Wachstum und Weichheit

Sein Kommissar Tauber im »Polizeiruf 110« wurde zur Fernsehlegende - weil ihm jede Öde fehlte, die von Menschen auf der richtigen Seite ausgeht. Er war einsam, unberechenbar, gestört. Selge machte deutlich, dass Jäger und Gejagte an zwei Fronten leben, es sind quasi zwei entgegengesetzte Steilwände, die aber einen gemeinsamen existenziellen Abgrund bilden. So spielt Selge immer, hat knorrigen Witz, lauernde Intelligenz - listige Zurückhaltung steigert sich zu grandiosen Klippentänzen. Hans-Dieter Schütt sprach mit Edgar Selge.

nd: Edgar Selge, Sie haben in einem Interview gesagt, Sie wünschten sich eine radikale ökologische Partei. Welches Verhältnis haben Sie generell zur Radikalität?
Selge: Wir leben in einer Konsensgesellschaft.

Eben. Radikalität ist demnach ein Schreckenswort.
Es drängt in der gegenwärtigen Situation, über die Zukunft des demokratischen Systems nachzudenken: Sollen diejenigen, die gewählt wurden, der Mehrheit einer Bevölkerung zum Munde reden oder mit ihren Entscheidungen, mit ihrem politischem Bewusstsein eine Vorreiterrolle übernehmen? Grundsätzlich sollten Parteien (wieder?) zu wirklicher Lebensqualität verführen dürfen.

Wir sind meilenweit davon entfernt.
Ja, wir nehmen auf eine sehr passive Weise unser kapitalistisches Ausgebeutetsein, unsere Selbstausbeutung, unseren Konsumzwang hin - so, als sei das alles naturgegeben und nicht zu verhindern. Das ent-schuldigt Parteien und die von ihnen verantwortete Ethik auf gefährliche Wei...



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