Diebstähle nehmen drastisch zu

Nach stark gestiegenen Fallzahlen in Berlin diskutiert die Politik kontrovers Gegenmaßnahmen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Extrem begehrtes Diebesgut: Fahrräder
Extrem begehrtes Diebesgut: Fahrräder

Markus Falter dachte, er spinnt. Dort, wo er gestern noch seinen fast neuen weißen Mercedes-Sprintertransporter abgestellt hatte, stand - nichts. Bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres war sein Lkw, den er dringend für seinen Schuhhandel auf Ökomärkten benötigt, in Berlin geklaut worden. »Die Polizei hat mir wenig Hoffnung gemacht, den Wagen wiederzufinden«, sagt Falter. Nach dem ersten Kontakt mit der Versicherung ist zudem fraglich, ob er noch einmal Schadensersatz erhält. Offenbar wird ihm wegen des Wiederholungsfalls nicht mehr getraut.

Dabei hatte Markus Falter aus dem ersten Diebstahl gelernt: Seinen neuen Bus hatte er extra, wie von der Polizei empfohlen, mit einer elektronischen Wegfahrsperre gesichert, sogar eine Lenkradkralle aus Metall hatte sich der Händler zugelegt. Genützt hat beides nichts. Falter mutmaßt, dass Profis am Werk waren. »Notfalls schleppen die das ganze Fahrzeug ab.«

Gestohlene Autos, Fahrraddiebstähle und Wohnungseinbrüche. Das, was Falter zustieß, sind keine Einzelfälle. Im Gegenteil: Nach der vorläufigen Bilanz der Polizei nahm die Kriminalität in der Hauptstadt auf 454 700 Straftaten zu - rund 18 500 Fälle mehr als im Jahr 2010. Ursächlich für den Anstieg war die enorme Zunahme der Eigentumsdelikte.

»Wie haben einen Aufwärtstrend, der zum Teil besorgniserregend ist«, sagt die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers. Um 24 Prozent (9730 Fälle) stiegen Einbruchsdelikte an, Fahrraddiebstähle sogar um 29 Prozent (24 200 Fälle). Wobei die Dunkelziffern noch wesentlich höher liegen dürften.

Berlins Polizeichefin glaubt ebenfalls, dass ein Teil der Täter Profis sind. »Es zeichnet sich ab, dass da organisierte Tätergruppen zugange sind«, sagt Koppers. Die Polizei geht zudem davon aus, dass die Täter aus Osteuropa nach Berlin kommen. Berlin sei besonders belastet, so Koppers: Wegen der kurzen Wege nach Osteuropa, wo das Diebesgut zum Teil auf Bestellung veräußert werde. Den Gruppen auf die Spur zu kommen, ist indes keine leichte Aufgabe. »Reisende Täter zu fassen, ist sehr schwierig«, sagt Koppers. Es gebe Anhaltspunkte, dass dieselben Täter, oft zu zweit oder zu dritt unterwegs und bestens trainiert, auch in den neuen Bundesländern und im Ausland zugange seien.

Eine bessere Strafverfolgungsarbeit verspricht sich die Polizei von speziellen, länderübergreifenden aber auch international agierenden Ermittlungsgruppen. Außerdem versucht man, den Diebstählen durch eine Mischung von »repressiven« und »präventiven« Maßnahmen zu begegnen. Auch die Bürger sind aufgerufen, ihr Eigentum besser zu sichern.

Diesen Ratschlag gab unlängst auch der polnische Botschafter, Marek Prawda. Er wies darauf hin, dass die deutsche Polizei stärker in der Pflicht sei. In einem Interview warf er die Frage auf: »Vielleicht ist es ja noch zu einfach, in Deutschland Autos zu stehlen?« In Polen habe man dagegen mit erfolgreicher Polizeiarbeit die Autodiebstähle senken können.

Strukturelle Änderungen bei der Polizei will indes auch Berlins neuer Innensenator Frank Henkel (CDU) vornehmen: Mit neuen Polizisten will er die Einsatzhundertschaften stärken. Dadurch wiederum sollen an anderer Stelle Polizisten frei werden. »Wir brauchen mehr Zivilfahnder, um in diesem Bereich erfolgreich zu sein«, betont Henkel.

Doch lässt sich angesichts der Kürzungen überhaupt noch mit Präsenz Sicherheit erzeugen? Viele - wie die Grünen und die Piraten - setzen stattdessen auf Aufklärung und Prävention: Da helfen gute Schlösser und nicht mehr Polizisten, heißt es. Markus Falter, der alternative Schuhhändler, kann über solche Vorschläge nur bitter lachen.

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