Alles muss ein Maß haben

König Friedrich II. über den Rummel, der zu seinem 300. Geburtstag veranstaltet wird

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Majestät, was halten Sie von dem Rummel um Ihren Geburtstag?
Ich bitte um deutlichen bericht an. In dunkeln Sachen verstee ich armer Teufel nicht.

Allein in Potsdam 150 Veranstaltungen dazu.
Mir scheint, dass alles ein Maß haben muß.

Das auf Ihren Befehl hin trockengelegte Oderbruch, Majestät, ist im vergangenen Jahr sozusagen abgesoffen. Was sollen die Behörden da tun?
Solche Idioten und Schelme wie die Landbaumeisters bei den Cameren seindt in der Welt nicht zu finden. Sie sollen nicht so faul sein, nicht so viel reisen, sondern mehr arbeiten, auf das bei Sachen, dar es höchst nöthig ist, das promte hülfe geschiehet, solches nicht verseumet wird. Wor die Räthe nicht Blei im hindern haben, muß der Treibsamste hingeschicket werden umb die Arbeit zu accelleriren.

Brandenburg hatte eine Dienstwagenaffäre, aber Ihre Präsidenten wollten seinerzeit bekanntlich auch immer mehr Dienstpferde haben.
Kerls sollen acht Pferde haben und wan sie corpulenter wirdt zehn bis zwölf.

Seit 1990 ist das deutsche Vaterland vereint, Majestät, viele Beamte aus dem Westen kamen her. Auch Sie sammelten Erfahrungen mit Untertanen aus westdeutschen Besitzungen Preußens.
Das sein dumme Oxen, aber malitiös wie der Deuffel, die Nacion ist intrigant und falsch dabei und saufen wie die Beester, mehr wissen sie nicht.

Brandenburg sieht heute im Schulvergleich nicht gut aus.
Die Saksen haben bessere Schulmeister wie wihr?

Ja, und die Landeskinder gehen anderswo in die Lehre.
Der Sohn Kann alles hier lernen, und wird Nirgendt in einer besseren Schule als bei Vahter Seindt.

Wie finden Sie, dass die Regierung noch Prämien dafür gezahlt hat, dass die Leute weggehen?
Das Directorium soll leute ins landt zihen und nicht hinaus Schaffen.

Was meinen Sie dazu, dass Ministerien im Glanze erstrahlen und Ihr Stadtschloss wieder entsteht?
Das sind alles unnütze Ausgaben, und es ist gar nicht abzusehen, wie grausam viel Geld dazu nöthig ist. Paleste seindt nicht zu bauen, Sondern Schaf Ställe und Wirtschaftsgebeude, das kann ein Mauerer so gut als paladio.

Aber das Schloss wird gebaut nach den Plänen Ihres Baumeisters von Knobelsdorff.
Knobelsdorff? Der executiret nichts, wie ich es haben will, und ist faul wie ein Artilleriepferd.

Auf den Adel hielten Sie ja immer große Stücke. Aber mit Verteidigungsminister zu Guttenberg hatte Deutschland kein Glück.
An die Grafen im Dienst ist nichts, halten niemals lange aus. Er kann den abschied kriegen.

Er ist der Liebling vieler.
Junge Grafen, die nichts lernen, sind Ignoranten in allen ländern. Im Falle nun aus einem Grafen etwas werden und er der Welt und seinem Vaterland etwas nützen soll, so muß er sich auf Titel und Geburt nichts einbilden, denn das sind nur Narrenpossen. Man adelt nur diejenigen Leute, die Verdienste haben und sich vorzüglich meritiert gemacht. Aber nicht Kerls, die bloß reich werden.

Waren Sie wirklich ein Verfechter der Toleranz, Majestät?
Die Toleranz muss jedem Staatsbürger die Freiheit sichern, zu glauben, was er will. Aber sie darf nicht so weit gehen, dass sie die Frechheit und Zügellosigkeit junger Hitzköpfe gutheißt, die das vom Volk Verehrte dreist beschimpfen.

Fragen: Wilfried Neiße

Antworten aus: »Friedrich II. Wonach er sich zu richten hat«, Eulenspiegel Verlag, 1988

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