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Flugzeugdreck verändert Chromosomen
Friedrichshagener Bürgerinitiative nennt medizinische Argumente gegen Müggelseeroute
Der Inhalt des jüngst veröffentlichten Gutachtens zu den Flugrouten des künftigen Großflughafens in Schönefeld hat der in Berlin ansässigen Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) Wasser auf die Mühlen gegeben. »Wir sehen die Forderungen, die im Gutachten des Umweltbundesamtes erhoben werden, als Unterstützung unserer Positionen an. Das Gutachten bestätigt uns in der Auffassung, dass die Flugroute über den Müggelsee nicht die lärmschonendste Variante ist«, erklärte FBI-Sprecher Ralf Müller.
Das Umweltbundesamt hatte von der Müggelseeroute abgeraten. Es plädierte für den Vorschlag, der ursprünglich in der Gesundheitsverwaltung des Berliner Senats geboren wurde: Alle Abflüge von der Nordbahn in Richtung Osten sollen über die Gosener Wiesen führen.
»Wir erwarten, dass die Deutsche Flugsicherung ein Flugbetriebsregime konzipiert, bei dem eine Flugroute entlang der Gosener Wiesen sicherheitstechnisch und kapazitätsmäßig möglich ist. Dieses Konzept muss dann lärmfachlich begutachtet werden«, meinte Müller. Erst dann kann nach seiner Überzeugung eine sachliche Abwägung zwischen der Müggelseeroute, der Geradeausroute über Erkner und der Gosener-Wiesen-Route vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang übte Müller scharfe Kritik an der Deutschen Flugsicherung. Sie hatte nämlich die Flugroute über die Gosener Wiesen, die seiner Auffassung nach »eine Lärmminderung für die gesamte Region bedeuten könnte«, erst gar nicht geprüft.
Nicht nur der Fluglärm, sondern auch die Schadstoffemissionen, die vom Flughafen ausgehen werden, stehen bei der Bürgerinitiative ganz oben auf der Themenliste. Der Schadstoffausstoß wurde ihrer Auffassung nach nicht ausreichend betrachtet. Denn besonders in der Startphase ist der Ausstoß von Toxinen und Feinstaub sehr groß. »Die Feinstäube mit kleinsten Partikeln, die mit organischen Substanzen kontaminiert sind, werden direkt in die für die Lungenatmung relevanten Luftschichten der Menschen ausgestoßen. Diese Substanzen führen zu Erkrankungen der Atemwege und der Lunge und können Chromosomenveränderungen hervorrufen«, warnt der Professor Hans Behrbohm.
Zudem bestünden durch Flugzeugenteisungsmittel Gefahren für die Trinkwasserschutzzone Müggelsee. »Bei Starts wird ein Teil der Mittel, die sich zu diesem Zeitpunkt noch auf der Außenhaut des Flugzeuges befinden, in die Umwelt verweht. Die darin enthaltenen Benzotriazole und Glykole können nicht nur bei Menschen Gesundheitsschäden verursachen, sondern sind auch für Wasserlebewesen gefährlich«, resümiert der Mediziner. Da diese Stoffe nur schwer abbaubar sind, könnten Fischsterben und unerwünschtes Bakterienwachstum die Folge sein.
»Die Folgen des Kerosinausstoßes werden zu einer Störung eines intakten Ökosystems am Müggelsee führen. Deshalb gehört die Politik in die Verantwortung. Sie muss sich überlegen, was mit diesem Gebiet passieren soll. Es gibt viele Gründe, nicht über den Müggelsee zu fliegen«, resümiert Behrbohm.
Am Montagabend demonstrierten in Berlin-Friedrichshagen 1500 Menschen gegen die Müggelseeroute.
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