Ostberlin in Bildern
CDU-Bürgermeister holte DDR-Kunst ins Rüdersdorfer Rathaus
Die Flure zieren Grafiken, Zeichnungen und Radierungen aus den 70er und 80er Jahren und machen auch vor den Räumen nicht Halt. So schmückt im Bürgeramt ein erotisches inoffizielles Kartenspiel die Wand. Insgesamt 100 Werke von 36 DDR-Künstlern wie Wolfgang Leber, Fritz Cremer, Eva und Hans Vent bis hin zu Dieter Goltzsche lenken den Blick auf die Hauptstadt der DDR.
Hier Arno Mohrs Großer Wachaufzug der NVA, da das Bodemuseum von Klaus Roenspieß. Dann wieder hat der Betrachter den Abriss des alten Friedrichstadtpalastes aus dem Nachlass Karl Hartwigs vor Augen, oder Peter Beckers Lithografie »Berliner Straßen« von 1976. Das Herzstück der Ausstellung »Berlin/DDR - Impressionen einer Großstadt« dürfte das von Bruno Bernitz kurz vor den X. Weltfestspielen 1972 gemalte Ölgemälde »Alexanderplatz« sein.
Landschaften und fiktive Darstellungen ebenso wie putzabbröckelnde Altbauten und lichtarme Hinterhöfe ergänzen das Repertoire. »So wie die Aufbruchstimmung nach dem Krieg haben die Künstler in ihren Bildern auch ihren Unmut gegen den Verfall von Häusern zum Ausdruck gebracht«, ist Kurator Michael Wiedemann überzeugt. Bestandteil der Ausstellung sind zudem gut zwei Dutzend Bilder von Künstlern wie Peter Muzeniek, Harald Kretschmar oder Ursula Strozynski, die beinahe der Ignoranz von Kunstbanausen zum Opfer gefallen wären. Quasi in letzter Minute konnten die mit der Sanierung eines Hotels im Westteil der Stadt entsorgten Stücke in Sicherheit gebracht werden. »Ich sehe es als meine Mission an, die Werke der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen«, betont der Kunstsammler, der gegenwärtig mit seinem Fundus, darunter auch Leihgaben der Berliner Graphikpresse, Steindruckerei Liebsch und Maria Hartwig, im Berliner Umland auf Tour ist.
Bürgermeister André Schaller (CDU), der zufällig die Ausstellung im Fredersdorfer »Katharinenhof« sah, war so angetan, dass er sie prompt in sein Rathaus holte. Das aus gutem Grund. »Ohne die Rüdersdorfer Baustoffe hätte Berlins Mitte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder so aufgebaut werden können«, erläutert er. Dafür steht auch das Porträt eines Arbeiters, mit dem der Maler Ernest Reutter den Rüdersdorfer Kalkbrennern ein Denkmal setzte.
»Die Menschen, die zu uns kommen, sollen mit der Kunst konfrontiert werden und sich mit der Geschichte auseinandersetzen«, ist Schallers Anliegen. Gleichwohl erinnert der 37-Jährige daran, dass der Ort durch den Kalksteinabbau einen hohen Preis habe zahlen müssen. So seien mit Trockenlegung des Heinitzsees in den 70er Jahren nicht nur eine der schönsten Badeparadiese der Mark Brandenburg, sondern auch zahlreiche historische Häuser für den Bau einer Zufahrtsstraße für das Zementwerk verloren gegangen.
Indes hat sich in der Region einiges getan. Der traditionsreiche Ort mit fast 800-jähriger Geschichte, einst Seebad und Freiluftbühne für Filmemacher, mausert sich zunehmend zum begehrten Wohnort und zum Naherholungsgebiet. Allein der Rüdersdorfer Museumspark und Tagebau zieht alljährlich Tausende von Besuchern an, wie ein Blick in die Chronik verrät.
Noch bis zum 31. Januar ist die Ausstellung im Rüdersdorfer Rathaus, Hans-Striegelski-Straße 5, bei freiem Eintritt zu besichtigen. Im Februar wandert die Kollektion nach Stade/Niedersachsen, dann nach Dresden und Ferch bei Potsdam.
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