Aus Schrott Gold machen

Mutmaßliche Berliner Immobilienbande wegen Betrugs angeklagt

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 3 Min.
Alte Gemäuer – gut für ein Schnäppchen
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In kaum einer anderen Branche wird so viel gezockt und betrogen, wie im Immobiliengeschäft. Und alle wollen sie das große Ding machen: die Makler, die Finanzierer, die Provisionskassierer oder auch die Beurkunder, die dem Ganzen den Schein von Legalität geben. Sie versprechen das Blaue vom Himmel, am Ende steht der tiefe Fall.

Seit gestern steht eine Mafia-Mannschaft vor dem Berliner Landgericht. Bandenmäßiger Betrug, Erpressung und Bedrohung wirft die Staatsanwaltschaft den acht Männern und einer Frau zwischen 25 und 53 Jahren vor. Zwischen 2005 und 2009 sollen sie ein Netzwerk betrügerischer Firmen auf- und ausgebaut haben, bis die Blase im Sommer 2011 platzte. Die 190-seitige Anklage listet 54 Gaunereien auf, die Staatsanwaltschaft braucht über zwei Stunden, um alle Details darzulegen. Der Schaden geht in die Millionen.

Der Fall gewinnt schon deshalb an Brisanz, weil die Machenschaften der Branche einen durchstartenden christlich-demokratischen Justizsenator nach Tagen in seinem Amt ausbremsten. Ob Ex-Senator Braun auch für die Gauner-GmbHs notariell beurkundete, darüber hat die Staatsanwaltschaft keine Erkenntnisse.

Die Neunerbande war recht vielseitig. Da war zunächst die Kredit-Masche: Gesucht und gefunden wurden Kaufinteressenten, die sich - ohne einen Cent Eigenkapital - eine Eigentumswohnung leisten wollten. Den mutmaßlichen Betrügern ging es nicht um die Immobilien, sie waren an Provisionen um die 30 Prozent des Verkaufspreises interessiert. Um an Kredite zu kommen, fälschten sie für die willigen Käufer Lohnbescheinigungen und Kontostände. Für die Banken waren sie somit kreditwürdig. Nach Abwicklung des Geschäfts zwischen 110 000 und 200 000 Euro hatten die Geldinstitute das Nachsehen. Der Kredit war in die Immobilie geflossen, der Käufer konnte die Raten nicht zahlen, die Wohnung fiel an die Bank und die musste das Objekt zwangsversteigern lassen. Stets mit Verlust, denn die Objekte hatten durchweg einen geringeren Wert, als bezahlt wurde.

Die Steuerspar-Masche: Hier trat zunächst die betriebseigene Telefonvermittlung in Aktion. Berliner wurden mit Anrufen geködert, sie seien ausgesucht für ein besonderes Steuersparmodell. Bissen die Leute an, wurden sie umgehend in die Geschäftsräume eingeladen. Dort servierte man ihnen einen Cocktail aus verschiedenen Wundern. Sie bräuchten nur 40 Euro monatlich zu zahlen und würden auf eine jährliche Steuerersparnis von 2500 Euro kommen. Und sie seien stolze Besitzer von Immobilien, die vermietet seien. Leer stehende Gewerberäume wurden so zu florierenden Mietwohnungen gemacht. Unterschlagen wurden in dem »Angebot« die horrenden Provisionszahlungen zwischen 25 und 30 Prozent. Waren die Kunden weichgeklopft, wurden sie sofort zu einem Notar gebracht, wo sie bestätigen mussten, dass sie ausreichend Zeit gehabt hätten, sich die Unterlagen anzusehen. Während die Käufer in dem Glauben blieben, ein unverbindliches Angebot angesehen zu haben, unterzeichneten sie tatsächlich einen Kaufvertrag - mit verheerenden Folgen.

Schließlich belegten die Angeklagten bei Wohnungsverkäufen Hausverwaltungen mit gefälschten Geldforderungen, obwohl dafür keine Leistungen erbracht worden waren. Liefen die Geschäfte nicht so wie geplant, wurden die Daumenschrauben angezogen und schon mal mit dem Tod gedroht. So unterschrieben »Kunden« auch gegen ihren Willen.

Viele Familien, vor allem auch solche mit geringerem Einkommen, stehen vor einer menschlichen und finanziellen Katastrophe. Nicht wenige landeten wegen Betrugs vor Gericht. Sie nahmen Kredite in der Hoffnung auf, endlich auch mal zu den Gewinnern zu gehören, auf die schnelle Art zu Geld zu kommen. Nun müssen sie für ihre Naivität über viele Jahre bluten. Wer glaubt, irgendetwas geschenkt zu bekommen und dazu noch in der Immobilienbranche, der muss sträflich unwissend sein.

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